KASTEL – Das kleine Mainz-Kastel in einer Reihe und in einem Atemzug mit Weltstädten wie London, Madrid oder Kuala Lumpur (Malaysia): Einmal im Jahr ist das möglich, wenn das weltweit bekannte Graffitifestival „Int. Meeting of Styles“ eben nicht in einer der bekannten Millionenstädte, sondern im beschaulichen Kastel am Brückenkopf an der Theodor-Heuss-Brücke stattfindet. Am dritten Juni-Wochenende war es nun wieder soweit und die Unterführung verwandelte sich in eine große Freiluft-Galerie. 120 Graffitikünstler aus 28 Ländern wie etwa Peru, Kolumbien, Brasilien und Moldawien sprühten beim 21. „Int. Meeting of Styles“ ihre Kunstwerke auf 3500 bis 4000 Quadratmeter Wandfläche. Die Motive der bunten Bilder sind so vielfältig wie das ganze Festival und reichen diesmal von einem auf einer Banane sitzendem Affen über eine aufgebrochene Weltkugel mit Totenköpfen bis zu Bundeskanzlerin Angela Merkel, die in eine Glaskugel sieht und schaut, was die Zukunft wohl für sie politisch so alles bringt.
Das Graffitifest am Brückenkopf macht sich für die zahlreichen Besucher schon von weitem bemerkbar. Der beißende Geruch von Farbe liegt in der Luft und es erklingt Hip-Hop- und Rapmusik. DJs legen auf und zwischendurch gibt es Breakdance-Einlagen und andere Aktionen. Die Sprayer tragen fast alle Atemschutz und klappern mit ihren Spraydosen. Zwischen 1000 und 2000 Spraydosen werden pro Festival benötigt. Die gesamte Unterführung wurde eingerüstet mit meterhohen Gerüsten der Amöneburger Firma Gerüstbau Soultana. Darüber hinaus benutzen die Sprayer Leitern, um wirklich jedes freie Fleckchen der Freiluftgalerie zu erreichen und zu verschönern.
Auf das diesjährige Motto des Festivals ging der Kasteler Organisator und Graffitikünstler Manuel Gerullis ein. Es lautete „Between the Lines“ und bezieht sich auf eine Rede des früheren UNO-Generalsekretärs Kofi Annan (80) aus Ghana, in der dieser über das Menschenrecht auf Bildung sprach. „Bildung ist elementar wichtig für eine freiheitlich-demokratische Gesellschaft“, betonte Gerullis. Er möchte im Zeitalter der Informationstechnologie und der sozialen Medien auf die zunehmende Manipulation der öffentlichen Meinung durch Fake News, die verzehrte Darstellung von Wahrheiten und durch Propaganda hinweisen. Das kommt auch bei vielen Kommunalpolitikern gut an. Der Wiesbadener OB Sven Gerich besuchte das Festival ebenso wie Ortsvorsteherin und Stadtverordnetenvorsteherin Christa Gabriel sowie Stadtrat Rainer Schuster (alle SPD).
Das viertägige Festival hat stets ein halbes Jahr Vorlaufzeit. Es finanziert sich über Zuschüsse des Wiesbadener Amtes für soziale Arbeit und der Ortsbeiräte Kastel und Kostheim sowie über Sponsoren. Das Festival wurde übrigens im vergangenen Dezember mit dem Kulturpreis 2017 der Landeshauptstadt Wiesbaden ausgezeichnet.