MAINZ – Die Mainzer haben dem Bibelturm eine klare Absage und der Stadtspitze eine schallende Ohrfeige verpasst: Beim Bürgerentscheid zum Bibelturm stimmten 77,3 Prozent gegen das Projekt.
Nach dem Entscheid ließen die Stellungnahmen nicht lang auf sich warten. Die Stadtspitze ist dabei um Schadensbegrenzung bemüht. Denn eines ist klar: Das Nein hinterlässt einen Scherbenhaufen, denn die Diskussionen haben zu einem tiefen Graben innerhalb der Bevölkerung gesorgt. Die Stadt muss beim Gutenberg-Museum im Prinzip noch einmal von vorne beginnen. Denn mit dem Entscheid ist das Vorhaben für drei Jahre definitiv vom Tisch. Aber die Stadtspitze wäre schlecht beraten, wenn sie nach Ablauf dieser Frist die Pläne erneut aus der Schublade holen würde.
„Egal ob man für oder gegen die Erweiterung abgestimmt hat, wir alle sind Mainzer und das städtische Leben geht weiter“, sagte Oberbürgermeister Michael Ebling, der wie auch Baudezernentin Marianne Grosse und Annette Ludwig, Direktorin des Gutenberg-Museums, am Abend der Entscheidung sichtlich angeschlagen wirkte. „Aus der heutigen Entscheidung gegen den Bibelturm darf kein Stillstand entstehen. Der Erneuerungsprozess braucht jetzt das Engagement von jedem einzelnen und in einem Punkt sind wir uns doch alle einig: in unserer Wertschätzung für das Gutenberg-Museum.“
Freie Wähler und ÖDP begrüßen in deutlichen Worten das Nein: „Die Mainzer haben die Machtverhältnisse ins rechte Licht gerückt und der Gutsherrenart ihres Oberbürgermeisters und die Stadtverwaltung eine deutliche Abmahnung erteilt“, so Kurt Mehler, Fraktionsvorsitzender der FW-G. Die Freien Wähler fordern, auch in Zukunft bei Großprojekten den Bürger entscheiden zu lassen.
„Den Mainzern jetzt zu unterstellen, sie hätten das Konzept nicht richtig begriffen oder sich emotional leiten lassen, entmündigt sie und sendet das falsche Signal,“ so der ÖDP-Fraktionsvorsitzende Claudius Moseler. Das Ergebnis zeige, wie wichtig die Befragung gewesen sei. Die Lehre daraus wäre die Bürger im Vorfeld besser einzubeziehen und Begegnungen auf Augenhöhe stattfinden zu lassen. „Deshalb setzen wir uns auch in Zukunft für die Erarbeitung von Leitlinien zur Bürgerbeteiligung ein,“ so Moseler weiter.
Die Gutenberg-Stiftung bedauert selbstverständlich das Nein. „Aus Sicht der Stiftung“, so ihr Vorsitzender Andreas Barner, „ist eine große Chance vertan worden. Es gab ein schlüssiges Konzept, das dem Gutenberg-Museum erlaubt hätte, dem Anspruch Weltmuseum der Druckkunst zu sein gerecht zu werden. Diese Umsetzung und Weiterentwicklung des Museums ist nun auf absehbare Zeit unmöglich geworden und somit ist der Schaden für das Museum aber auch die Stadt Mainz leider groß.“
Selbstredend, dass die BI gegen den Bibelturm, die mit prominenten Gesichtern gegen das Projekt geworben hatte, zufrieden mit dem Ausgang des Entscheids ist. Doch wie geht es mit dem Gutenberg-Museum weiter? OB Ebling hat bereits angekündigt, dass die Erweiterung innerhalb des Museums-Areals vollzogen werden soll – in enger Abstimmung mit der Bürgerschaft.