LERCHENBERG – Das hatte sich die Lerchenberger Ortsvorsteherin Sissi Westrich clever ausgedacht: Mit ihren Getreuen aus dem Ortsbeirat hatte sie sich in der versteckt im Wald liegenden provisorischen Ortsverwaltung, dem als „Bürgerhäuschen“ deklarierten ehemaligem Kitagebäude, verschanzt. Doch die Narren spürten sie schnell auf. Nach einem langen Wortgefecht und kurzem körperlichen Widerstand der Politiker eroberten sie den Rathausschlüssel und übernahmen bis Aschermittwoch die Macht auf dem Lerchenberg.
Zu den Klängen des vom Fanfarenzug „Die Lerchen“ gespielten Narrhallamarschs erschien zu Beginn dieses Sturms auf die Ortsverwaltung das Präsidium des Lerchenberger Carneval-Clubs (LCC) „Die Euleköpp“ in seinen roten Roben, um die Schlüsselgewalt zu erhalten. Unterstützt wurden die Narren von einer stattlichen Abordnung der befreundeten Marienborner Brunnebutzer. „Der LCC mit neuem Schwung/ zeigt Fastnacht mit Begeisterung“, reimte Sitzungspräsident Michael Becker und forderte: „Sissi, rück‘ den Schlüssel raus!“ Denn sie sei ja nur ein „kleines Mäuschen“ vor diesem „Bürgerhäuschen“.
Doch die Ortsvorsteherin zeigte sich unbeeindruckt. „Das habt ihr euch so gedacht/ gestatten, dass ein Robin Hood laut lacht!“, antwortete sie im grünen Kostüm des Freiheitskämpfers. „Trinkt nen Schoppen oder Bier,/ der Schlüssel aber, der bleibt hier!“ Michael Becker ging auf die Probleme auf dem Lerchenberg ein: die monatelang verschobene Räumung des alten Bürgerhauses, mögliche Verzögerungen beim Neubau, die Parkplatznot, Verzögerungen beim Umbau des Einkaufszentrums und die jüngsten Einbrüche. Doch Sissi Westrich verteidigte die Verwaltung und nannte als Erfolge den reibungslosen Umzug der Ortsverwaltung, die neue Mainzelmännchen-Ampel und die Lärmbeseitigung bei der Mainzelbahn.
Mit einer Konfettikanone verteidigte sich der Ortsbeirat, doch es nutzte nichts: Die Narren präsentierten schließlich triumphierend den Schlüssel und zu Fanfarenklängen wurde die LCC-Fahne gehisst. LCC-Präsident Manfred Kremer las das närrische Grundgesetz vor mit Paragrafen wie „Das Schunkeln wird zur Volkssportart Nummer 1“. Er begrüßte auch befreundete Narren aus Berlin-Charlottenburg. Mit einem geselligen Umtrunk im Inneren endete dieser Sturm auf die Ortsverwaltung.