Es geht uns doch gut – ja, aber nicht allen

Laubenheim – Um mehr Gerechtigkeit ging es dem Wahlkampfmotto der SPD entsprechend vor der Bundestagswahl beim Diskussionsabend der Laubenheimer SPD. In der gut besetzten AWO-Tagesstätte stellte Ralf Geißner erst sich selbst als den neuen Vorsitzenden und dann auch Bundestagskandidat Dr. Carsten Kühl vor. Und der fand deutliche Worte. „Es geht uns doch gut“, sagen viele. „Ja, aber nicht allen“, sagt Kühl.

„20 Prozent aller abhängig Erwerbstätigen verdienen weniger als 9,60 Euro die Stunde, in den letzten 15 Jahren hatten 40 Prozent keinen Nettozuwachs. Und 20 Prozent der Kinder leben in Familien mit Hartz IV-Bezug.“ Dass mehr soziale Gerechtigkeit nicht in Widerspruch zur Wirtschaftlichkeit steht, kann Kühl als Ökonom belegen. Dazu würde er das Elterngeld auf Familiengeld erweitern. Junge Eltern mit pflegebedürftigen Angehörigen seien heute großer Belastung ausgesetzt. „Wir halten es für richtig, dass es Menschen, die sich in solcher Weise engagieren, erlaubt wird, eine Zeitlang aus dem Beruf zu gehen und Leistungen dafür zu erhalten. Als Professor an der Hochschule Speyer, promovierter Ökonom und früherer Finanzminister seien ihm wirtschaftliche Zusammenhänge nicht fremd, sagte Kühl. Das Familiengeld sei deshalb auch wirtschaftlich vernünftig, weil junge Menschen so Familie und Beruf vereinbaren und beide dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen könnten.

Sichere Arbeit, die Abschaffung sachgrundloser Kündigungen und die Stärkung der Tarifbindung waren weitere Themen. Die Zeitarbeit solle man auf das zurückführen, was sie einmal gewesen sei, Spielraum für Firmen. „Heute will man vielfach den Tarif unterlaufen.“ Während Umschulungsmaßnahmen soll weiter ALG I gezahlt werden.

Und zu Europa: „Die Art, wie man mit Griechenland heute noch umgeht, ist kein solidarisches Verhalten.“ Und in Bezug auf die Flüchtlinge sei ein einheitliches europäisches Asylrecht vonnöten. „Man hätte die Flüchtlingspolitik zur europäischen Aufgabe machen müssen.“

Ministerialbeamter, Staatssekretär, Finanzminister und Hochschuldozent, Wissenschaftler und Politiker, Carsten Kühl hat mit 55 Jahren schon viele Stationen durchlaufen. Auf die Frage nach Privatem durch Ortsvorsteher Gerd Strotkötter, sagte Kühl: „Wenn ich auf etwas stolz bin in meinem Leben, ist, dass ich es so organisieren konnte, dass mein Sohn die Hälfte der Zeit bei mir gelebt hat.“