Start Mainz-Hechtsheim Jetzt müssen die Keller leer werden

Jetzt müssen die Keller leer werden

Hechtsheim – Im schönen Ambiente des Zehnerhofes wurde das letzte Winzerfest im Jahresverlauf in Hechtsheim eröffnet. Gemütlich ist es im Innenhof, an vier Seiten umbaut und man fühlt sich wie in einer anderen Welt. Im Angesicht der im nächsten Frühjahr stattfindenden Kommunalwahl waren womöglich noch mehr Politiker erschienen als sonst und das Gedränge war groß. So blickten alle auf OB Michale Ebling, der das Römerfass zum Laufen bringen sollte. Kein Problem für den ersten Mann der Stadt: einfach am Hahn drehen und schon läuft der Rebensaft in die eilig zu füllenden Gläser und Krüge. Die Winzertage sind die Tage vor der Lese, wo die Hechtsheimer Winzer einschenken und jeder ein tolles Programm stellt. So ist das normalerweise. Doch in diesem Jahr hatte die Lese aufgrund der vielen Sonnentage schon begonnen, wie Marcus Clauß, Vorsitzender der Hechtsheimer Winzer, verkündete. Und er gab Entwarnung für die Zweifler: „Es wird ein reicher Jahrgang.“

Kein Problem fuer den ersten Mann der Stadt und die Winzerin: einfach am Hahn drehen und schon laeuft der Rebensaft in die eilig zu fuellenden Glaeser und Kruege. Foto: Helene Braun

Ortsvorsteher Franz Jung kam gerade aus dem Weinberg und hatte sich deshalb verspätet. „Es geht voran, wir ernten doch erstaunlich viel“, sagte er. Und ans Publikum: „Schauen Sie bei den Winzertagen zu, dass die Keller leer werden.“

„Was ist das für eine tolle Idee vor Jahrzehnten gewesen, die Höfe zu öffnen, die Menschen hereinzulassen in die Höfe und auf Tuchfühlung zu bringen mit dem Kulturgut, das Mainz schon seit 2000 Jahren kennt. Man darf uns in einem Atemzug mit Napa Valley und Kapstadt nennen“, wies der Oberbürgermeister Ebling auf die Auszeichnung „Great Wine Capital“ hin.

Weingut-Chefin Martina Lemb-Geist erzählte zur Eröffnung von der Geschichte ihres Hofes, des Zehnerhofes. Bis zum Ende des 18. Jahrhunderts gehörte das Hofgut zum Liebfrauenstift in Mainz. Wie der Name Zehnerhof oder Zehnthof sagt, mussten zu dieser Zeit die Bauern den Zehnten ihrer Ernte dort abgeben. Nach dem Ende der Säkularisierung wurde 1802 das Gut versteigert und 1830 von einem ihrer Vorfahren erworben und wird nun von Lemb-Geist und ihrer Familie in der sechsten Generation bewirtschaftet. 1976 Jahren hatten deren Eltern, Renate und Walter Lemb, die Idee, den Zehnerhof zur Hechtsheimer Kerb als Straußwirtschaft zu öffnen. Verwandte und Freunde unterstützten das Vorhaben. Es waren so viele, dass Lemb-Geist noch 42 Jahre später an ihnen und ihren Nachkommen profitiert.

Bundestagsabgeordnete Ursula Groden-Kranich resümierte: „Hier im Hof gibt es nicht mehr den Zehnt, den man abliefert, hier im Hof findet dafür Karitatives statt. Ein Teil des Erlöses wird dem guten Zweck gespendet.“