Start Rheinhessen/Mainz Musik im Gegenpol der Zeiten Verdiente Ovationen für das Kammermusikensemble Laubenheim

Musik im Gegenpol der Zeiten Verdiente Ovationen für das Kammermusikensemble Laubenheim

Ensemble KAMEL: Musiker, die ihr Auditorium verzaubern - Foto: Thorsten Söchtig
Pfarrer Reinbott moderiert an – Foto: Thorsten Söchtig

LAUBENHEIM – In der kath. Kirche Mariä Heimsuchung veranstaltete das Kammermusikensemble Laubenheim (KAMEL) das zweite und abschließende Konzert der kleinen Tournee. Thema des Konzerts war – barock modern! – eine sanfte Rebellion vergangener Komponisten für Orgel- und Kirchenmusik. Einleitende Sätze fand Pfarrer Gerold Reinbott mit den Worten des franz. Schriftstellers Victor-Marie Hugo – Musik ist etwas, das sich nicht erfassen lässt. Das Adagio g-moll für Streicher und Orgel über ein Thema und Generalbass von Tomaso Albinani entstammte der Feder von Remo Giazotto (1910 – 1998). Der ansonsten gänzlich unbekannte Komponist war eigentlich italienischer Musik-Kritiker und erschuf mit diesem einen Werk ein One-Hit-Wunder, das ihn sowohl berühmt als auch vermögend werden ließ. Das Concerto für Orgel, Pauke und Streicher in g-moll von Francis Poulenc (1899 – 1963) fand wiederholten Applaus in den Reihen der Besucher. Der Komponist galt als umstritten, denn er hatte weder einen akademischen Grad noch einen Schulabschluss oder eine kompakte musikalische Ausbildung. Dennoch ist das Stück populär, denn es ist eine Rarität. Orgel- und Orchester-Kompositionen waren wegen Platzmangel in den Kirchen sowie der komplexen Akustik schwer zu stellen.

Triumph im Klang – Foto: Thorsten Söchtig

Poulenc gilt heute als wichtigster Komponist zwischen den beiden Weltkriegen in Frankreich. Das Werk ist eine Hommage an Johann Sebastian Bach, der trotz seiner Begabung niemals ein Stück für Orgel und Orchester geschrieben hat. Die ersten beiden Stücke wurden von der Empore zum Besten gegeben. Anschließend reihte sich das KAMEL auf den Stufen des vorderen Schiffs ein und spielte den letzten Teil des Konzerts. Das Bachiana Brasileira No. 9 von Heitor Villa-Lobos (1887 – 1959) bestach mit brasilianischen Rhythmen und – obwohl es Mainzer Zahlen sind – mit einem 11/8 Takt. Aufgrund des hohen Schwierigkeitsgrades in der Gesamtkomposition übernahm Alvaro Camelo, der die künstlerische Leitung des Kammermusikensembles Laubenheim innehat, die Aufgabe und schrieb es für das Orchester um. Ein weiteres Mal bewies Tobias Keil an der Orgel – der seine ersten Schritte in der Musikschule Christ vollzog – sein überragendes Talent sowie seine Schaffenskraft, denn erneut konnte er ein bestechendes Konzert zusammenzustellen. Zum ersten Mal waren 20 junge Musiker dabei, um das Auditorium zu verzaubern. Das war die größte Besetzung, die es bisher gab. Nach den Ovationen wurden die Gäste auf den Treppen der Kirche gebeten, auf einen kleinen Umtrunk zu bleiben. Ein Spätnachmittag in der kühlen Kirche und ein gemeinsames Beisammensein in der Abendsonne rundeten das Gesamtkunstwerk ab.

Thorsten Söchtig