LAUBENHEIM – Ein „fröhliches und nachdenkliches Fest“ kündigten die Plakate für das Laubenheimer Bürgerfest am 17. August 2019 an. Hintergrund: Vor 50 Jahren hatten sich 94,7 % der Laubenheimer in einer Volksabstimmung gegen die Eingemeindung ausgesprochen. Das Ergebnis ist bekannt.
„Heute ist ein trüber Tag. Davon lassen wir uns nicht beeinflussen!“ Mit diesen Worten eröffnete Ortsvorsteher Gerhard Strotkötter (SPD) die Festversammlung, die wegen einsetzender Regenschauer in das katholische Pfarrzentrum verlegt wurde. Er bedankte sich beim Gastgeber, Pfarrer Christian Nagel, und begrüßte zahlreiche Ehrengäste, unter Ihnen sein Amtsvorgänger Bernd Sack (CDU) und der Mainzer Oberbürgermeister Michael Ebling (SPD).

In seinem Grußwort erheiterte der Oberbürgermeister die Anwesenden mit der Bemerkung: „Ich bin ausnahmsweise mal nicht schuld,“ und meinte die Eingemeindung. Wie immer man den Blick zurück bewerte, alle eingemeindeten Stadtteile hätten sich ihren eigenständigen Charakter bewahrt. In Laubenheim sei dies deutlich sichtbar am vielfältigen Vereinsleben. Ebling forderte dazu auf, selbstbewusst in der (politischen) Öffentlichkeit aufzutreten.
Petra Beringer und Klaus Schmitt moderierten das dreistündige Fest souverän und humorvoll. Als erstes kündigten sie fünf preisgekrönte Akrobatinnen des mittlerweile in Laubenheim etablierten „Sport + Akrobatik-Vereins 1999“ an. Unter großem Applaus des Publikums zeigten die jungen Sportlerinnen eindrucksvoll ihr Können.
Zeitzeugen
Gespannte Aufmerksamkeit herrschte bei der Befragung dreier Zeitzeugen von 1969 durch Jupp Heck. Alle Drei analysierten das Geschehen rund um dieses einschneidende Ereignis sehr nüchtern. Georg Fleck schilderte das eigenständige Arbeiten der ca. 30 Voll- und Teilzeitbeschäftigten in der alten Laubenheimer Ortsverwaltung. Deren Zahl sei drastisch auf heute drei Personen reduziert worden. Fleck blieb aber fair, indem er klarstellte, dass alle Gemeindeangestellten 1969 ein Übernahmeangebot durch die Mainz erhalten hätten. Hans Riffel bedauerte es, dass mit der Eingemeindung sämtliche infrastrukturellen Belange an die Stadt Mainz übergegangen seien. Das habe oft sehr steinige Antragswege zur Folge gehabt. Sein Statement verband er mit dem Wunsch an den OB nach zügigerer Bearbeitung. Dr. Gebhard Kurz unterstrich in seinem Beitrag die ablehnende Haltung der Bevölkerung gegenüber der Politik von Stadt und Land. Man habe sehr viel in den Ort investiert und wusste, dass die Stadt Mainz finanziell „klamm“ war. Kurz resümierte: „Man kann die Eingemeindung heute vielleicht positiv beurteilen. Ungut war aber die Art und Weise, wie diese erfolgt ist.“
Am Ende der Gesprächsrunde kündigte Jupp Heck als Sprecher der Arbeitsgruppe „Historisches Laubenheim“ die Vorstellung einer in Arbeit befindlichen Broschüre „50 Jahre Eingemeindung 1969 – 2019“ an. Daran schloss sich die feierliche Enthüllung eines 3D-Modells des historischen Laubenheim um 1810, das nach alten Ortsplänen erstellt worden war. Es entstand unter Federführung von Prof. Dr. Piotr Kuroczyński am Architektur-Institut der Hochschule Mainz und wurde durch zahlreiche Spendengelder ermöglicht.

Musik, Tanz und Fastnacht
Dass die Laubenheimer nach der Eingemeindung ihre Stimme nicht verloren haben, bewiesen musikalische Beiträge, zunächst des „Männer- und HeartChors“, der den Saal mit dem „Laubenheimer Lied“ zu begeistertem Schunkeln animierte. Darauf trugen die beiden „Schwarzen Gesellen“ Horst Schwertel und Hansfried Kloos eine für das Jubiläum verfasste Moritat vor. Alle Laubenheimer Wünsche seien erfüllt worden, „nur aus dem versprochene Schwimmbad wurd‘ leider, leider nix“. Für die „ULKer“ konstatierte Sabine Mekky in ihrem pointenreichen Vortrag, dass doch 50 Jahre zur Verwirklichung von städtischen Vorhaben nichts seien im Vergleich zur Ewigkeit. Multiethnisch wurde es auf der Bühne, als Kinder und Jugendliche des „Nachbarschaftstreffs Laubenheim“ tanzten. Ein sichtbares Zeichen gelebter Integration.

Dann folgten mit den Horst Hünerkopf und – Sie lesen richtig – Hansi Fuchs der krönende Abschluss des Nachmittags. Die Engel „Erisch“ (Koch) und „Joggel“ (Fuchs) ließen das Jahr 1969 aus himmlischen Höhen bei einem irdischen Tropfen Revue passieren. Jockel bilanzierte: „Ich glaub‘ ja, die habbe die Eingemeindung gut überstande.“ Sprach’s und entschwand auf den Longchamplatz.
Zur Bereicherung der Feier trugen eine Tombola zugunsten des Kindergartens und viele helfende Hände bei, die für die reibungslose Bedienung der Gäste mit Speis und Trank sorgten.
Zudem hatte der Ortsbeirat einen Fragebogen ausgelegt, auf dem alle Anwesenden aufgefordert waren, ihre Zukunftswünsche für Laubenheim zu äußern.
MAINZ-LAUBENHEIM kann feiern. Das bewiesen seine Bürgerinnen und Bürger einmal mehr. Um den eigenständigen Charakter des Orts im Verbund mit der Stadt Mainz braucht es einem nicht bange sein.
Ulrich Nilles