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Steinerne Zeugen der Eingemeindung Rundgang durch das Hechtsheim vor 50 Jahren

Das Wasserwerk im Kesseltal versorgte vor 50 Jahren ganz Hechtsheim mit Trinkwasser - Foto: Antje Veith/Verein Hechtsheimer Ortsgeschichte

HECHTSHEIM -Einen Platz suchten die mehr als 80 Teilnehmer des Ortsrundgangs „Zeugen der Eingemeindung“ vergeblich, den der Verein Hechtsheimer Ortsgeschichte anlässlich der 50. Wiederkehr der gesetzlichen Eingemeindung des Ortes nach Mainz angeboten hatte: Das im Eingemeindungsvertrag vom 2. Juni 1969 versprochene Hallen- und Freibad für den südlichen Stadtbereich.

Heute Ortsverwaltung – vor 50 Jahren noch das Rathaus der selbstständigen Gemeinde Hechtsheim – Foto: Antje Veith/Verein Hechtsheimer Ortsgeschichte

Stattdessen erfuhren sie viel über das Leben vor 50 Jahren in dem rheinhessischen Dorf. Hechtsheim war damals trotz hohen Zuzugs in den Neubaugebieten noch eine stark von der Landwirtschaft geprägte Gemeinde, was sich auch in den Vereinbarungen des Eingemeindungsvertrags  niederschlug. So führte der Rundgang zum ehemaligen Standort der Großwaage am Lindenplatz, die trotz anderweitiger Zusage längst Parkplätzen gewichen ist. Aber daraus sei der Stadtverwaltung kein Vorwurf zu machen, wie Ortshistoriker Dr. Horst Schwinn erklärte: Bereits in den ersten Jahren nach der Eingemeindung hätten sich die landwirtschaftlichen Mischbetriebe in Hechtsheim stark verändert: So wurde die Milchviehhaltung aufgegeben, die Schweinezucht stark zurückgefahren und stattdessen der Weinanbau forciert. Also kein Bedarf mehr an Großwaagen, Gemeindebullen, Milchsammelstellen, stadteigenen Ziegenböcken oder der Erlaubnis zur Hausschlachtung. Auch die Befreiung der Hechtsheimer Metzger vom Schlachthofzwang wäre, auch wenn es anders als wohl in Ebersheim einen Bestandsschutz von 15 Jahren nicht gegeben hätte, heute verzichtbar: Im März hat die letzte Metzgerei im Ort ihre Verkaufsräume geschlossen.

Zwar wurden einige Zusagen im Eingemeindungsvertrag, siehe Schwimmbad, nicht eingehalten, doch hat die Stadt Mainz viele Vereinbarungen umgesetzt, wie der Gang zu einigen Gebäuden im Ortskern zeigte. So wurde im November 1974 das Bürgerhaus mit Altentagesstätte, Jugendräumen, Kegelbahn und Gastronomie eingeweiht, das gerade durch einen Neubau ersetzt wird. Auch der Ausbau des Schulzentrums an der Ringstraße, dessen Errichtung die selbstständige Gemeinde Hechtsheim 1965 begonnen hatte,  steht weiterhin auf der Agenda der städtischen Gebäudewirtschaft. Dass die im Eingemeindungsvertrag für 1974 versprochene Sporthalle erst 23 Jahre später auf dem Schulgelände eingeweiht werden konnte, ärgert bis heute manchen alten Hechtsheimer.

Dafür wurde, wie vereinbart, das Feuerwehrgerätehaus an der Talstraße pünktlich zum 100 jährigen Bestehen der Freiwilligen Feuerwehr umgebaut, zwar nicht so großzügig wie es der Hechtsheimer Gemeinderat vor 1969 vorgesehen hatte, doch immerhin, so konnten sich die Teilnehmer des Rundgangs überzeugen, finden seitdem auch große Löschfahrzeuge Platz in einer tiefergelegten Fahrzeughalle. Doch eine Erzählung hält sich bis heute: Sofort nach der Eingemeindung sollen städtische Feuerwehrleute die Ausstattung der Hechtsheimer Wehr inspiziert haben.  Hoch erfreut über den modernen Zustand der  Ausrüstung sollen sie die Geräte, die in ihrer Brandwache fehlten, einfach mitgenommen haben.

Ottmar Schwinn