Mombach – Wenngleich der Titel hätte verwirren können, war er doch gut gewählt. Zum „Russischen Roulette am Rhein“ hatte das Café Malete, das Bürgercafé im Caritas-Haus St. Rochus, in Mombach eingeladen. Lebensgefährlich für die Besucher wurde es zu keinem Augenblick.
Den Titel hat sich Ella Schwarzkopf für den literarisch-musikalischen Abend ausgedacht. Obwohl ausgedacht, trifft die Sache nicht ganz. Ausgeliehen und etwas verändert hat sie den Ausspruch von Fjodor Dostojewski: „Das Roulette ist ein typisch russisches Spiel und dass Sich-zugrunde-Richten auch“, soll der große russische Schriftsteller einmal gesagt haben.
Um die russische Seele ging es dann auch im Kontrast zur deutschen Lebensart und das alles vor dem Hintergrund der malerischen Landschaften am Rhein und der Lebensart der Menschen, die dort wohnen. Schwarzkopf hat in akribischer Arbeit verschiedene Fragmente aus Briefen und Werken bekannter russischer Schriftsteller gesammelt, die alle irgendwann mal die malerischen Landschaften am Rhein besuchten. „Seit Peter dem Großen hatte Deutschland auf Russen eine große Anziehungskraft ausgeübt“, sagte die aus Kasachstan stammende Schauspielerin und Mitarbeiterin des Mainzer Staatstheaters. Seit 1990 lebt sie in Mainz und versucht, unter anderem durch ihre eigenen Programme die Literatur als Brücke zwischen Deutschland und Russland zu nutzen. Im Café Malete zitterte sie unter anderem aus den „Briefen eines Reisenden“ von Nikolai Karamsin. „Als wir uns Mainz näherten, erblickte ich auf der linken Seite den majestätischen Rhein und den stillen Main, die fast nebeneinander fließen, und rechter Hand dehnte sich eine Kette von Weinbergen aus, die das Auge nicht zu umfassen vermochte. Wie freudig schlug mir das Herz. Rhein, Rhein!“
An dem Tag soll sich Karamsin statt des Besuchs bei den Reliquien des Heiligen Bonifatius vielmehr für gemütliche Stündchen entschieden haben: „Ich setzte mich ans Ufer des Rheins und beschaute in seinen Wellen das Bild der untergehenden Sonne.“ Zum Abendessen kehrte er ein und staunte: „Alle tranken Rheinwein wie Wasser.“ Das Publikum lachte an der Stelle beherzt.
Mit Ironie und Humor enthüllte Schwarzkopf immer neue Fragmente, die die Sicht auf das Fleckchen Erde am Rhein und Main aus der Sicht der russischen Seele nachzeichneten: wunderbar sehnsüchtig am Klavier von der Pianistin Nadja Cholodkova begleitet. Natürlich streifte Schwarzkopf auch die Erfahrungen von Dostojewski, der seine Spielsünden aus einem Casino im Roman „Der Spieler“ verarbeitete. Natürlich kam auch Puschkin vor und natürlich führte die Schauspielerin die Zuhörer zum Neroberg, wo sie die Liebesgeschichte von Herzog Adolf von Nassau erzählte, der das Gotteshaus mit den charakteristischen russischen Zwiebeltürmen anlässlich des frühen Todes seiner Gemahlin, der 18-jährigen russischen Prinzessin Jelisaweta Michailowna, gestiftet hatte.
Ohne Zweifel: Schwarzkopf und das Café Malete haben für einen literarischen Höhepunkt im kulturellen Leben von Mombach gesorgt.