MAINZ – Es ist eigentlich kaum vorstellbar, aber Realität: Mehr als sieben Millionen Erwachsene in Deutschland können weder richtig lesen noch schreiben. Dabei könnte die Dunkelziffer diese Zahl deutlich steigen lassen. Denn nicht jeder geht damit offen um. Man laviert sich durch den Alltag und kann das Handicap oftmals über viele Jahre, wenn nicht gar sein ganzes Leben lang nach außen verbergen.
Mit der Ausstellung „Wie lebt es sich in einer Welt ohne Buchstaben?“ macht die VHS in Mainz in ihrer Geschäftsstelle am Karmeliterplatz auf das Problem aufmerksam. Zahlreiche Fotos zeigen alltägliche Situationen: Der Besuch einer Behörde, die Steuererklärung, das Suchen nach einem bestimmten Geschäft in der Innenstadt, der Besuch einer Gaststätte – und dazu sind Gedanken der sogenannten Analphabeten eingeblendet: „Ich bestelle Schnitzel mit Pommes, das gibt es überall“, denkt sich einer, der die Speisekarte nicht lesen kann. Oder auch: „Hoffentlich ist mein Zahnarzt nicht umgezogen“, denkt sich einer, der mit der Beschilderung im Ärztehaus nichts anfangen kann.
Aber wie soll man sich im Alltag problemlos zurechtfinden, beherrscht man das Lesen und Schreiben – und das trotz regulärer Schulausbildung und Schulabschluss – überhaupt nicht oder nur unzureichend? Es muss einem vorkommen, als habe es einen Deutschen ohne jegliche Chinesischkenntnisse in eine chinesische Kleinstadt verschlagen. Die Bildtafeln sprechen vor allem „Mitwissende“ an, aber auch Lernende. Herausgeber ist der Bundesverband für Alphabetisierung.
Die VHS Mainz macht ausdrücklich darauf aufmerksam, dass sie entsprechende Kurse anbietet. Ein Einstieg dazu ist jederzeit möglich. Unter der Rufnummer 06131/2625130 gibt es weitere Informationen. Ausdrücklich werden mit der Ausstellung Betroffene sowie Angehörige und Freunde von Betroffenen ermutigt, ihr Handicap nicht länger zu verschweigen. Analphabetismus ist kein Grund, sich zu schämen, so eine weitere Botschaft der Ausstellung, die noch bis 12. September zu sehen ist.