Bretzenheim – Es ist im ZMO schon lange gute Tradition, dass im Sinne internationaler Zusammenarbeit Künstler aus dem osteuropäischen Raum eingeladen werden, die dann auch persönlich anwesend sind. Das gilt besonders für die Interkulturelle Woche.
Dieses Mal kommen die Künstler aus Kaliningrad. Ludmila Jelfimova zeigt in neun Bildern eines auf 74 Bilder angelegten Zyklus „Gedächtnis des Wassers“, eine geistig-poetische Reflexion über den ewigen Kreislauf des Lebens. Dazu stellt sie in der immer gleichen Gegenüberstellung Szenen des weltberühmten Gobelins aus der Normandie, „Teppich von Bayeux“ genannt, in einen Zusammenhang des Lebens mit dem Welt-Ozean. Wie ein fortlaufendes Band reihen sich die zumeist kriegerischen Darstellungen normannischer Eroberung aneinander, stellvertretend für unsere bis heute ungebrochene Handhabung des Krieges als Entwicklungsfaktor.
Das Meer umgibt diese wie gestickt wirkenden Bilder, deren Art uns aus vielen mittelalterlichen Zeichnungen quer durch Europa vertraut ist. Die großformatigen Bilder sind, zur völligen Überraschung des Betrachters, mit Buntstift gemalt, was nur bei ganz dichter Betrachtung erkennbar wird.
Das Meer, in das wir mit unseren Landmassen eingebettet sind, dokumentiert uns, beobachtet uns, trägt uns, ernährt uns – zeigt Ludmilla Jelfimova. Sie zeigt unsere Schiffe, unsere Fischer, die Meeresbewohner. Man erinnert sich an Dshingis Aitmatovs Roman „Das Kassandramal“, in dem Wale eine zentrale Rolle als Warner und Mahner der Menschen einnehmen. Wasser als das universelle Element, das uns die Visitenkarte unseres Tuns und Lassens präsentiert, die Ozeane als die Augen der Welt.
Einen Rückgriff auf die geistig-spirituellen Quellen des Menschseins nimmt auch Georgij Jelfimov vor, hier der russischen. Jelfimov, Absolvent der berühmten Surikov Kunsthochschule in Moskau und Professor an der Kant Universität in Kaliningrad, zeigt Kleriker und Begründer des berühmten Klosters auf den Solowezki Inseln, Weltkulturerbe der UNESCO. In einer Zeit der Identitätssuche Russlands und seiner Intellektuellen ruft er in seinen ikonographischen Bildern, angeordnet als Kreuz, die geistig kulturellen Traditionen des Christentums im Nordwesten Russlands auf. Wir sehen, in beeindruckender Feinzeichnung und mit altmeisterlicher Könnerschaft gefärbt, die widerständigen und unbeirrbaren Verkünder christlicher Lehre. Es ist wohl nicht von ungefähr, dass die Solowezki Inseln und im Speziellen sein Kloster allen Eroberungsversuchen getrotzt haben. Woher die auf diesen Inseln so zahlreich vorhandenen Labyrinthe stammen ist ungewiss.
Jelfimov greift dieses Thema symbolisch ebenso auf wie die diversen Kassetten der Bronzetür der Nowgorodter Sophienkathedrale, 1050 fertig gestellt, die Szenen aus dem Leben Jesu zeigen. Auch diese Kathedrale ist Weltkulturerbe.