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Betrug, Erbstreitigkeiten und Wirtshausschlägereien GESCHICHTE . . . Die „Ingelheimer Harderbücher“ zeigen, worüber schon im Mittelalter vor Gericht gestritten wurde

Die „Ingelheimer Harderbücher“ berichten in wundervollstem Ober-Ingelheimer Platt vom Leben eines Dorfes um die Wende vom Mittelalter zur Neuzeit. Foto: Nadine Gerhard

Was passierte mit einem Viehhändler, der ein scheinbar krankes Schwein an einen Bauern verkauft hatte und dieses auf dem Heimweg verlustig gegangen war?

Ein Bauer lieh einem jungen Bauern eine Kelter, damit er während der Weinlese Trauben pressen könne, der Kelterbaum wurde zerbrochen. Nun fordert der Bauer Ersatz entweder in Gulden oder einen gleichwertigen Kelterbaum.

Die 19 vollständig erhaltenen Bände sind einzigartige Quellen über das Leben in früheren Epochen. Foto: Nadine Gerhard

Solcherlei „Hader“ oder Streit wurde in den Ingelheimer Gerichtbüchern niedergeschrieben, die für die Wissenschaft einen unschätzbaren Fundus an Informationen über das Leben im Mittelalter darstellen. Sie berichten über die dortigen Streitigkeiten und zeichnen ein Bild vom Leben eines Dorfes um die Wende vom Mittelalter zur Neuzeit. Somit kann man Beleidigungsklagen, Ehebrüche, Erbrechtsstreitigkeiten, tätliche Angriffe, Betrugsdelikte, Nachbarschaftszwiste oder Wirtshausschlägereien nachlesen. Mittlerweile auch sehr bequem, weil es keine sechs oder sieben Kilo schweren Bände mehr zu handhaben gilt.

Per Mausklick kann man über den Internetauftritt www.haderbuecher.de recherchieren.

Über einen Zeitraum von 147 Jahren (1387-1534) sind in den 19 vollständig erhaltenen Bänden die angefallenen Prozesse dieses Laiengerichts dokumentiert und stellen damit für die heutige Forschung eine einzigartige Quelle dar, die eine Fülle interessanter Informationen zum Leben in früheren Epochen bietet. Die Protokollbücher gelten damit als die ältesten seriell erhaltenen gerichtlichen Textzeugnisse im deutschsprachigen Raum.

Die Bände werden sukzessive im Rahmen des Editionsprojektes „Ingelheimer Haderbücher“ der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Dabei wird nicht nur die für die wenigsten Menschen lesbare Schrift von Mitarbeitern des Instituts für Geschichtliche Landeskunde der Universität Mainz transkribiert, sondern auch die kaum verständliche Sprache in heute begreifliches Deutsch übersetzt.

Daneben wurden sechs Bücher in eine Online-Datenbank eingepflegt. Mit ihrer Hilfe sieht man den originalen Text mitsamt seiner Transkription im wundervollsten Ober-Ingelheimer Platt des 16. Jahrhunderts und gleich daneben die Übersetzung ins heutige Deutsch. Nur Urteile wird man wenige finden, denn die Prämisse war es, sich außergerichtlich zu einigen, um den Ortsfrieden aufrechtzuerhalten.

Autorin: Sandra Bachmann

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