FINTHEN – Unter dem Motto „Finther Rote zu Fuß“ lud der SPD-Ortsverein Mainz-Finthen zu einem zweistündigen Rundgang mit dem früheren Ortsvorsteher (1989 bis 1994) Kurt Merkator (SPD) ein. Der gebürtige Finther, in Mainz auch als Sozial- und Schuldezernent bis zu seiner Pensionierung 2017 bekannt, ist im Heimat- und Geschichtsverein ehrenamtlich sehr aktiv und kennt so ziemlich alles und jeden in seinem Stadtteil, einschließlich geschichtlicher Fakten und Daten.
Die Einführung startete auf dem Rodeneckplatz vor dem 2019 neu errichteten Bürgerhaus, das nun den in die Jahre gekommenen Vorgängerbau von 1973 ersetzt. Merkator erläuterte, dass der Parkplatz vor dem Bürgerhaus der frühere Turnplatz des Finther Turnvereins war. Der Verein hatte den Platz zum Bau des ersten Bürgerhauses an die Stadt Mainz verkauft.
Die Gründung des Turnvereins scheiterte zunächst 1849 an der Hetze von Seiten des Klerus. Pfarrer Anton Autsch (1837-1863) äußerte sein Missfallen darüber sogar in der Predigt. Zur Zeit der Vereinsgründung zählte Finthen 235 Einwohner. Seine erste eigene Turnhalle konnte der Verein erst in den 60er-Jahren des 20. Jahrhunderts errichten.
Der Rundgang, der von einem „Versorgungswagen“ des Weinguts Frenz begleitet wurde, führte zunächst zu dem 1868 von Bauunternehmer Jacob Struth errichteten Fachwerkhaus Am Obstmarkt 31. 1913 erfolgte die Aufstockung und Ergänzung der Jugendstilmotive, die das heutige Straßenbild prägen. Struth, der auch maßgeblich am Bau von Schloss Waldthausen beteiligt war, war Geheimrat, Möbelhändler und Bauunternehmer. Weiter ging’s zum Jungenfeldplatz, der bis in die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts als Kerweplatz diente. Der Jungenfeldsche Garten, der im Zweiten Weltkrieg auch Raum bot, Flugzeugteile zu reparieren, war im 17. und 18. Jahrhundert der Lustgarten des Mainzer Weihbischofs Johann Edmunt Freiherr Gedult von Jungenfeld.
Auch die Römer hinterließen Spuren in Finthen. Vom Königsborn aus führte eine römische Wasserleitung nach Mainz. Die heutige Flugplatzstraße und Kurmainzstraße entstanden aus der damaligen Römerstraße. Auch wurden im Ortszentrum Spuren römischer Geschäfte gefunden, wie in der Bierothstraße und der Mühltalstraße.
Beim Überqueren der heutigen Poststraße,wusste Merkator zu berichten, dass diese Straße ursprünglich Königsstraße hieß und dann über Bahnstraße und Alte Dorfstraße zu ihrem Namen kam.
Dem 30-jährigen Krieg sind enorm hohe Kriegsschäden durch die Schweden geschuldet, so auch die Katholische Kirche St. Martin. Das Alte Rathaus aus dem 15. und 16. Jahrhundert in der Mitte der Poststraße teilte den Stadtteil in Oberdorf und Unterdorf.
Nach der Eingemeindung Finthens zu Mainz im Jahre 1969 stellte der damalige Ortsvorsteher einen Antrag, den Denkmalschutz für das Rathaus aufzuheben, um den Abriss zu ermöglichen. Daraufhin entschied sich das Finther Ehepaar Eggers, das Haus zu kaufen. Es ließ die Sparkasse einziehen und errichtete eine Arztpraxis in den restlichen Räumen.
1920 zählte das Bergdorf gerade mal 3500 Einwohner, dennoch hatte es 30 Kneipen. Dieses Verhältnis änderte sich in den vergangenen 100 Jahren enorm, obgleich Finthen noch immer einen hohen Anteil an Gastronomie vorzuweisen hat.
Auf dem Weg durch die Borngasse ging es hauptsächlich um „flüssige“ Themen. Nicht nur der vielen Kneipen wegen, die inzwischen nicht mehr existieren, sondern, wie der Name schon sagt, aufgrund der Quellen, Brunnen und Bäche. Im Klostergarten befand sich einst eine Pferdeschwemme, die außer zur Pferdevesorgung auch zur Brandbekämpfung diente. In jedem Haus musste im 19. Jahrhundert ein Ledereimer zur Verfügung stehen, um im Ernstfall eine Wasserkette zu bilden.
Um Quellen, Brunnen und Bäche hat sich der aktuelle Ortsvorsteher Manfred Mahle (SPD) intensiv gekümmert und weiß viel darüber zu berichten. Nicht zuletzt gilt sein Engagement der Intention, Finthens Wasserkapazität zur Bewässerung von Gärten und Grünanlagen zu nutzen. Aufgrund eines Antrags des Ortsbeirats wurden alle Brunnen im Stadtteil erfasst. Von 20 aktiven Brunnen werden neun in die Kanalisation abgeleitet, weitere sechs sind trocken. Auch das Wasser einer Zisterne in der Borngasse, die 1000 Liter pro Stunde fasst, soll aktiv genutzt werden. Die aufschlussreiche und kurzweilige Führung endete im Weingut Frenz mit gemütlichem Ausklang.
Autorin: Elke Fauck