Start Gesellschaft Blühen und Summen zwischen Grabstätten

Blühen und Summen zwischen Grabstätten

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EBERSHEIM – Der Alte Friedhof in Ebersheimer hält elysische Züge. „14 neue Bäume und eine abwechslungsreiche, quicklebendige Blüten- und Fruchthecke mit 65 Wildsträuchern und duftigen Wildrosen beleben die Fläche“, erzählt Jan Paaz. Er ist einer von fünf Mitgliedern des Nabu-Arbeitskreises Ebersheim. Der AK steht gleichwohl am Anfang der Unternehmung. Möglich wurde die ehrenamtliche Planung und naturnahe Pflanzung in Zusammenarbeit mit der Friedhofsverwaltung und dem Friedhofsbetrieb des Mainzer Wirtschaftsbetriebes und dank der großzügigen Finanzierung durch das Mainzer Grünamt. „Das Projekt ist ein ökologischer Baustein des Konzepts für Friedhöfe nach der Biodiversitätsstrategie 2020 der Stadt Mainz“, erklärt Paaz. Darin soll der Friedhof als Ort der Besinnung und der Begegnung für die Menschen mit mehr pflanzlicher Vielfalt erfahrbar werden. Die Pfade auf dem Friedhof, der die Neuansiedlungen vom Ortskern trennt, nutzen auffallend viele Menschen. Es überrascht ein wenig, zwischen den Grabstätten Mütter mit Kinderwagen, Kinderbeladen mit Schulranzen sowie Personen mit Einkaufstaschen zu treffen. „Leitlinie ist das Naturgartenkonzept mit heimischen Sträuchern mit einem hohen Wert für Tiere statt ökologisch geringwertiger Ziergehölze aus aller Welt oder Mode-Exoten.“ Kirschlorbeer, alte rheinhessische Obstbäume, hiesige Wildsträucher und Wildrosen, naturnahe Gartenrosen mit ungefüllten oder halbgefüllten Blüten, die zum Teil schon vor Jahrhunderten in vielen Kloster- und Burggärten gestanden haben, zählt er dazu. „Aber auch Rosensorten, die um 1800 in Bauerngärten standen und eine kulturgeschichtliche Bedeutung haben und zu den ältesten Kulturrosen Europas gehören. Beispielsweise die Bibernell-Rosen, Gallica- und Alba-Rosen.“

Der junge Korbinians-Apfelbaum wächst auf dem Friedhof unweit des Gedenksteins für die Opfer des Nationalsozialismus. Foto: Gregor Starosczyk-Gerlach

In der Mitte des Alten Friedhofs zeigt Paaz die selten gewordene heimische Elsbeere, flankiert vom Weißdorn und einer Vogelbeere/Eberesche. „Im Verbund mit einer Hainbuche, die derzeit kegelförmig ist, sich im Alter aber mit weit rundlicher Krone entwickelt und einem in jungen Jahren pyramidal wachsendem Speierling mit Schuppenborke entstand ein Ensemble, das neue Blick- und Farbpunkte für die Friedhofsbesucher setzt“, erläutert Paaz. „Der reich verzweigte Feldahorn mit ausladender Kugelkrone und eine breit gewölbte rotblühende Rosskastanie, ein samenechter Hybrid und resistent gegen die Miniermotte, runden das Ganze ab.“ Im jüngeren Teil des Areals bilden Burgenahorn, Traubenkirsche und Zerreiche die Blickachsen. „Sie eröffnen gleichzeitig einen jahreszeitlich wechselnden, optisch ansprechenden Naturraum für neue Baumgräber.“ Als ein Zeichen der Erinnerung wächst unweit des Gedenksteins für die Opfer des Nationalsozialismus ein Korbinians-Apfelbaum. Benannt ist er nach Korbinian Aigner, der sich 1933 als katholischer Landpfarrer weigerte, in dem nördlich von München gelegenen Ort Hohenbercha die Kirchenglocken anlässlich der Reichstagswahlen läuten zu lassen, berichtet Paaz. Das Artenspektrum und die lebendige Vielfalt der neu gepflanzten Bäume sollen durch eine schnittfreie, pflegeleichte, mehrfach gestufte bunte Strauchhecke mit wilden und naturnahen Schönheiten ergänzt werden.

Die zeitliche Spanne der Blüte der Gehölze reicht von März bis Oktober. Sie blühen in den Farben Milchweiß, Lichtrot und Hellrot, Zitronengelb, Rosa und Purpurrot, Gelb und Grünweiß. „So wird der Friedhof fast ein Paradiesgarten, ein würdevoll blühender Gedenkraum, eine Erinnerungsstätte und Arche zugleich, ein Raum für bewahrende Zukunft vor Umweltzerstörung“, sagt Paaz.

Kontakt: Email anakebersheim@nabu-mainz.de