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Ein offener Himmel für Wildbienen Warum der Grillplatz in Bodenheim nicht überdacht werden sollte

Totholz und das „Sandarium“ bilden neue Nisthilfen am umgestalteten Dolles-Park. Foto: Jens Richterich

BODENHEIM – Der Grillplatz am Sankt Alban ist nicht nur ein beliebter Treffpunkt für Bodenheimer Bürgerinnen und Bürger – er ist auch ein Hotspot der Artenvielfalt. Besonders im April vibriert dort der Sandboden an warmen Tagen buchstäblich vor Leben: die wilde Weiden-Sandbiene, die Rote Wespenbiene oder der wollige Wollschweber nutzen die trockene Sand-Löß-Erde unter dem ausladenden Baum, um ihre Bruthöhlen zu graben oder ihre Eier zu platzieren. Eine Überdachung dieses Areals würde jedoch genau diese einzigartige Dynamik zerstören – und damit einen selten gewordenen Lebensraum unwiederbringlich vernichten. Mit dem Vortrag „Bienenheim für Bodenheim“ wollten die Bodenheimer Grünen auf diese Gefahr aufmerksam machen.

Hunderte von Weiden-Sandbienen leben auf dem Grillplatz. Foto: Jens Richterich

Der Umwelthistoriker Andreas Frings leitete vor Kurzem die Exkursion zusammen mit der BUND-Wildbienen-Botschafterin, Natalie Treber. Frings brachte es beim Spaziergang auf den Punkt: „Wenn man den Grillplatz überdacht, verändert man das Kleinklima entscheidend. Es kommt weniger Sonne auf den Boden, die Erde trocknet nicht mehr richtig ab – das ist für viele Wildbienenarten, insbesondere Bodenbrüter wie die Weiden-Sandbiene, das Aus.“ Auch die Folgen für die Mitbewohner dieser Mikro-Wildnis seien drastisch: „Die Rote Wespenbiene ist als Parasit auf die Weiden-Sandbiene angewiesen, der Wollschweber ebenso – wenn eine Art verschwindet, bricht das ganze System zusammen.“ Frings führte weiter aus: „Wildbienen können sich ihren Lebensraum nicht einfach woanders suchen. Sie brauchen eine ganz bestimmte Kombination aus Blühpflanzen, Bodenstruktur und Sonnenlicht – und das möglichst alles an einem Ort. Der Grillplatz bietet genau diese seltene Kombination.“

Dass Wildbienenschutz nicht trocken oder theoretisch sein muss, bewiesen die Bodenheimer Grünen mit diesem Bienenspaziergang bei bestem Frühlingswetter. Rund 30 naturbegeisterte Menschen machten sich auf den Weg vom Grillplatz bis zum Dolles-Park. Unterwegs gab es viel zu entdecken: Die auffällig große, blau-schwarz schimmernde Holzbiene, die Gehörnte Mauerbiene mit ihrem charakteristischen roten Hinterteil oder das Verhalten der Bienen beim Einsammeln feuchter Erde zum Verschließen ihrer Brutröhren – all das wurde live beobachtet und fachkundig erklärt.

Dr. Andreas Frings beeindruckte mit Fachwissen über gelingenden Artenschutz. Foto: Jens Richterich

Am neu gestalteten Bereich des Dolles-Parks angekommen, stellten die Organisatoren weitere Nisthilfen vor: Vom klassischen Wildbienenhotel bis hin zum „Sandarium“ – einer Grube mit ungewaschenem Sand – und dicken Totholzstämmen als Alternative für spezialisierte Arten. Auch einfache Tipps für den Alltag wurden geteilt: Etwa, wie man mit einem mit Wasser und Kieselsteinen gefüllten Blumentopfuntersetzer Wildbienen im Sommer beim Trinken helfen kann.

Der kleine Wollschweber ist ein Wildbienen-Parasit.Foto: Jens Richterich

„Wir profitieren selbst enorm von Wildbienen“, betonte Frings. „Je mehr unterschiedliche Bestäuber zum Beispiel einen Apfelbaum anfliegen, desto größer und schöner werden die Früchte. Und in einem gesunden Lebensraum sind Pflanzen und ihre Bestäuber eng aufeinander abgestimmt.“

Der Grillplatz ist ein Hotspot für Wildbienen – noch…Foto: Michael Jo

So hat der Ausflug eindrucksvoll gezeigt, wie wertvoll und schützenswert die natürlichen Lebensräume sind. Der Grillplatz am Sankt Alban ist weit mehr als ein Ort zum Braten von Würstchen – er ist ein lebendiges Biotop, das Seltenes und Schönes beherbergt. Eine Überdachung, so gut sie gemeint sein mag, würde das fragile Gleichgewicht dieses Mikrokosmos zerstören. Frings brachte es abschließend auf den Punkt: „Durch eine Überdachung würde ein ganz besonderer Lebensraum verschwinden. Wer Artenvielfalt erhalten will, muss solche Rückzugsorte bewahren – am besten, indem man sie einfach in Ruhe lässt.“

red