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Eine Laubenheimerin in Hamburg Rundgang >>>Unsere Mitarbeiterin Sophie Ober berichtet aus der Millionenstadt

Sophie Ober am Hamburger Hafen mit der Elbphilharmonie im Hintergrund. Foto: Sophie Ober

LAUBENHEIM/HAMBURG – Wie ist es eigentlich, wenn man mit 20 Jahren von einer behüteten Gemeinschaft alleine in eine Großstadt im Norden zieht? Genau diese Frage möchte ich heute beantworten und euch meine neue Heimat Hamburg etwas näher bringen. Denn eines steht fest: Laubenheim und Hamburg haben definitiv nicht so viel gemeinsam und mein Umzug war eine riesige Veränderung.

Am besten fangen wir von vorne an, indem ich euch erzähle, wieso ich überhaupt nach Hamburg gezogen bin. Für mich als Journalistin ist Hamburg eine Stadt mit vielen Möglichkeiten und Jobchancen. Meine Hochschule hat in verschiedenen Städten Standorte, sodass ich diesen ganz einfach wechseln konnte, was vieles erleichtert hat. Ich musste nach circa 20 Jahren aus Laubenheim, so schön es wirklich ist, einfach mal rauskommen und etwas Neues entdecken, selbstständiger werden und einen großen Sprung wagen. Zudem brauche ich, was ich durch unseren schönen Rhein gewohnt bin, auf jeden Fall die Nähe zum Wasser. Die ist in Hamburg zum Glück fast an jeder Ecke gegeben.

Das Hamburger Rathaus ist eines der Wahrzeichen der Millionenmetropole. Foto: Sophie Ober

Ein persönliches Highlight in Bezug darauf ist für mich die berühmte Speicherstadt. Ich liebe die alten Backsteingebäude, die wohlgemerkt unter Denkmalschutz stehen und die ganze Geschichte, die in diesen Mauern steckt. Jedes Mal, wenn ich auf dem Weg zur Arbeit daran vorbeifahre, kriege ich gute Laune und versinke in Gedanken. Passend dazu kann ich das Hörbuch der Speicherstadt-Saga empfehlen, die mir nochmal ganz andere Einblicke gewährt hat. Ein ganz besonderes Café, was in der Speicherstadt versteckt liegt, ist übrigens der Katzentempel. Hierfür ist es aber ratsam, Katzen zu mögen, die dürfen nämlich die ganze Zeit frei im Café umherstreunen und geschmust werden. Das ist ein Erlebnis, was ich so persönlich noch nicht kannte und wie ich festgestellt habe auch viele Hamburger nicht kennen. Sehnt man sich nach noch mehr Wasser und Wind, der einem durch die Haare streift, was ich oft tue, gehe ich gerne in meiner Heimat Altona ein kleines Stück bis zum Altonaer Balkon. Von dem aus hat man einen wunderschönen Blick auf den Hafen und die Containerschiffe. Außerdem kann man perfekt ein kleines Stück die Treppen runterlaufen und gelangt in kürzester Zeit an die Docklande und den alten Fischmarkt und kann in die eine Richtung einen langen Spaziergang über die Landungsbrücken bis zur Elbphilharmonie oder in die andere Richtung zum Elbstrand machen. Die „Elphi“, wie sie die Hamburger liebevoll nennen, muss man einfach mal gesehen haben und sie ist kostenlos zu besichtigen. Diese Route ist die Möglichkeit, das etwas auszugleichen, was mir, von den Menschen abgesehen, am meisten fehlt, seit ich aus Laubenheim weggezogen bin. Die Natur und das Grün! Die Nähe zum Ried, die schönen Vorgärten der Wohngegenden, die Vögel, die zwitschern. All das hat man in einer Großstadt eher weniger, es sei denn man geht in einen Park. Hamburg ist zwar im Vergleich zu anderen Städten noch recht grün und nicht komplett zugebaut, aber dennoch ist es lauter, städtischer und dreckiger. Dafür ist hier immer etwas los und man kann sich in allen Richtungen weiterentwickeln. Besonders schön finde ich die Mischung aus modern und alt und die ganze Umgebung drum herum.

In Laubenheim wusste ich das immer zu schätzen und es gehörte einfach dazu, dass man an jeder Ecke ein bekanntes Gesicht trifft. In Hamburg ist es lustigerweise schön, dass das eben nicht der Fall ist und man viele neue und sehr unterschiedliche Menschen kennenlernen kann. Möchte man eher für sich bleiben, kann man das deutlich leichter, muss man aber eben auch nicht. Man kann sich selbst komplett neu entdecken und entfalten, was vor allem als junger Mensch eine tolle Möglichkeit ist!

Übrigens: Dass die Menschen im Norden angeblich so verschlossen und eigen sind, habe ich persönlich noch nicht bemerkt. Auch bei meinen Wochenendausflügen nach Lüneburg, Lübeck, Stade, Buxtehude oder Kiel habe ich fast nur nette Menschen getroffen, was das Eingewöhnen sehr erleichtert hat. Lüneburg ist eine wunderschöne ältere Stadt, die auf jeden Fall einen Besuch wert ist, wenn man in der Gegend ist. Aber auch Stade oder Buxtehude sind sehr schön.

Eine Kleinigkeit, an die man sich in Hamburg auf jeden Fall gewöhnen sollte, ist, dass es fast immer regnet und selbst wenn kein Regen angesagt ist, eine Regenjacke sinnvoll wäre. Ich garantiere euch, ich werde jeden Tag aufs Neue überrascht und ich habe es auch nach über einem halben Jahr immer noch nicht gelernt!

Ein schöner Abend am Elbstrand. Foto: Sophie Ober

Eine Sache, die ich jedoch gelernt habe, ist, dass es sich auf jeden Fall lohnt, mit der Fähre zu fahren. So was haben wir in Laubenheim ja leider nicht. Im Vergleich zu den geführten Hafentouren hat die Fähre zwar keinen Audioguide, ist aber deutlich günstiger, klappert viele schöne Stellen ab, je nachdem wo man einsteigt, und ist vor allem bei Nacht mit den ganzen Lichtern im Hafen wirklich zauberhaft und beruhigend. Wenn es nicht Winter und dementsprechend kalt und nass ist, wie es bei mir war, lohnt es sich auf jeden Fall, oben auf dem Deck zu sitzen. Der Blick ist viel besser und der leichte Wind und die Luft machen das Erlebnis komplett.

Ist danach ein süß-zimtiger Snack zur Stärkung nötig, empfehle ich ganz dem nordischen Klischee nach: Franzbrötchen. Die kriegt man bei jedem Bäcker und sie schmecken einfach toll. Vor allem wenn man sie zu Hause etwa auf dem Toaster warm macht und dazu einen Tee trinkt.

Das neben der Elbphilharmonie wohl auffälligste und schönste Gebäude in Hamburg ist für mich auf jeden Fall das Rathaus. Das Dach war ursprünglich mal kupferfarben und wurde mit der Zeit türkis, sodass es wirklich besonders aussieht. Läuft man zusätzlich ein bisschen an den Arkaden und der Alster am Jungfernstieg entlang oder schlendert durch die sündhaft teuren Straßen am Neuen Wall, ist man direkt im Herzen Hamburgs und kann sich einen guten Überblick über die Innenstadt verschaffen. Besonders im Sommer ist es sehr schön, auch wenn die Cafés rund um den Jungfernstieg und das Rathaus natürlich stattliche Preise haben.

Möchte man jedoch lieber etwas „Actionreicheres“ machen, anstatt zu spazieren, zu genießen und zu shoppen, gibt es am Hafen einen Escape Room auf einem Schiff. Den habe ich selbst noch nicht ausprobiert, das möchte ich aber unbedingt mal machen, weil ich viel Gutes darüber gehört habe. In der Nähe sind zudem das Miniaturwunderland, wenn man staunen und einen Blick fürs Detail entwickeln will, und das Dungeon, wenn man sich zu Tode gruseln will. Diese Angebote kennt aber eigentlich jeder und für Tickets muss man flott sein oder den richtigen Tag abpassen.

Was einigen Menschen und mir bis vor kurzem hingegen nicht bekannt war, sind die Zeise Kinos bei mir um die Ecke in Altona. Von außen sieht es nicht so aus, als könnte sich darin etwas Schönes verstecken und ich hätte es bei meinem ersten Besuch tatsächlich fast übersehen. Aber wenn man reingeht, steckt man in einem Gebäude voller Geschichte. Früher war hier nämlich eine alte Schiffsschraubenfabrik, wodurch heute das industrielle Flair gemischt mit moderner Stahl- und Glas-Architektur entstanden ist. Die Atmosphäre ist besonders und die Tickets sind preislich sogar günstiger als normale Kinos. Zudem bieten sie dort ein außergewöhnliches Programm aus der ganzen Welt an, für das sie sogar schon ausgezeichnet wurden. Bei uns in Mainz gibt es so was glaube ich nicht.

Generell muss ich also festhalten, dass Hamburg wirklich eine großartige Stadt ist mit vielen Möglichkeiten zum Genießen, Spazierengehen, Erleben und Weiterentwickeln. Ich fühle mich sehr wohl, aber dennoch vermisse ich Laubenheim regelmäßig, weil diese Vertrautheit, Unversehrtheit und Ruhe einfach komplett fehlen, was typisch für eine Großstadt ist. Ich bin froh, dass ich nun beide Seiten kenne und beide Orte mein Zuhause nennen kann. Das ist sehr viel wert und der Sprung vom Rhein in die Elbe hat sich auf jeden Fall gelohnt.

Sophie Ober