INGELHEIM – „Das, was wir heute gehört haben, wird niemand von uns vergessen.“ In ihrer Einschätzung war sich Margarete Ruppert, die sowohl als Religionslehrerin an der Integrierten Gesamtschule Kurt Schumacher (IGS) in Ingelheim unterrichtet als auch als Gemeindepädagogin im Evangelischen Dekanat Ingelheim-Oppenheim wirkt, sicher.
Auf ihre Initiative hin wurde die 89-jährige Holocaust-Überlebende, Henriette Kretz, zu einem bewegenden Zeitzeugen-Gespräch eingeladen. Eine gute Fügung hat die unvergessliche Begegnung möglich gemacht. Kretz hielt sich im Rahmen der Zeitzeugenbegegnungen des Bistums Mainz auf dem Jakobsberg bei Ockenheim auf.
„80 Jahre zurück, da war ich zum Tode verurteilt“, erzählte Kretz, deren jüdische Familie in den 1920er Jahren im polnischen Lemberg (heute Lwiw in der Ukraine) lebte, den rund 120 Schülern und Schülerinnen der IGS.
Spürbar gebannt hörten die jungen Menschen der Zeitzeugin zu. In der Aula der IGS herrschte Stille, kein Hintergrundgespräch war zu hören. Über zwei Stunden lauschten die Zuhörer dem Vortrag gefesselt zu, der für sie zur Auseinandersetzung mit einem der dunkelsten Kapitel deutscher Geschichte wurde. „Als polnisches Kind konntest du im Krieg sterben, als jüdisches Kind musstest du sterben.“ Packend berichtete die Überlebende davon, wie sie monatelang versteckt leben musste, wie sie ihre Eltern verlor und als Achtjährige nur auf sich allein gestellt, der Verfolgung durch die Nazis nur knapp entging.
Der Appell der Zeitzeugin klang ergreifend: „Es gibt keine schlechten Völker, nur schlechte Menschen. Jeder Einzelne von euch ist eine Welt für sich. Denkt mit eurem eigenen Kopf.“ Der kommissarische Direktor der IGS, Stefan Lechert, dankte Henriette Kretz mit den Worten: „So etwas hat es an unserer Schule noch nie gegeben“.
Autor: red