
MAINZ/OBERSTADT – Die Entscheidung der Stadt Mainz, die letzten sechs Flamingos aus dem Stadtpark in andere Einrichtungen zu verlegen, sorgt für politischen und gesellschaftlichen Widerhall. Die ÖDP-Fraktion im Stadtrat fordert sogar den sofortigen Stopp der geplanten Umsiedlung und eine Fachdiskussion in der Öffentlichkeit. Die Kritiker bemängeln mangelnde Transparenz im Vorfeld der Entscheidung sowie fehlende Einbindung engagierter Akteure vor Ort. Aus Sicht der Stadtverwaltung ist jedoch der Schritt tierschutzrechtlich notwendig.
Im jüngsten Ortsbeirat der Mainzer Oberstadt, auf deren Gebiet sich das Gehege befindet, wurde über die Umsiedlung diskutiert. Simone Bludau (SPD) kritisierte die Intransparenz: „Die Gründe sind für viele undurchschaubar.“ Die Missbilligung von Dagmar Wolf-Rammensee (ÖDP) entzündete sich insbesondere an der geringen Einbindung des Vereins „Schräge Vögel“, der sich seit Jahren ehrenamtlich um die Pflege und Finanzierung der Anlage kümmert. Melba Lazo de Lentz (Grüne) vermutet, dass die Umsiedlung nicht weniger Stress für die Vögel bedeuten würde. Ortsvorsteher Daniel Köbler (Grüne) fasste die Diskussion zusammen: „Wir fragen nach, warum nicht nach Alternativen gesucht wurde.“
Kurioserweise lieferte die Verwaltung just einen Tag nach der Sitzung in einer Pressemeldung zahlreiche Details über den Entscheidungsprozess. Die verbliebenen vier Kuba- und zwei Rosaflamingos lebten in einer zu kleinen Gruppe, heißt es darin. In freier Wildbahn seien Flamingos hingegen Schwarmtiere. Um die Tiere dauerhaft in Mainz zu halten, wäre eine Aufstockung der Gruppe auf mindestens 20 flugfähige Jungtiere notwendig. Da sowohl das Kupieren der Flügel als auch das Stutzen als tierschutzrechtlich bedenklich gelten und eine Freiflugvoliere am Weiher aus baulichen Gründen nicht in Frage komme, werde die Umsiedlung unausweichlich: Die Rosaflamingos finden einen Platz im Luisenpark Mannheim, und der Zoo in Heidelberg gibt den Kuba-Flamingos ein Zuhause.
Das Flamingo-Kapitel ist für die ÖDP-Fraktion im Mainzer Stadtrat allerdings noch nicht zu Ende. In einer Pressemitteilung bezeichnet die Fraktion die Bestimmung als „übereilt und intransparent“. Sie wirft dem zuständigen Dezernat vor, die Öffentlichkeit und den Verein übergangen zu haben. „Die Kommunikationsmuster sind weder bürgernah noch demokratisch tragbar“, wiederholt auch Wolf-Rammensee. Sie bezweifelt, dass allein der Tierschutz den Ausschlag für die Umsiedlung gegeben habe. Stattdessen stehe möglicherweise ein finanzielles Kalkül dahinter – insbesondere, da etwa die Haltung der Aras im Stadtpark bislang nicht thematisiert wurde.
Daher fordert die ÖDP einen sofortigen Stopp der Umsiedlung und einen offenen Dialog mit Fachleuten, dem Verein und der Stadtgesellschaft. Ziel müsse es sein, gemeinsam Alternativen für eine artgerechte Haltung zu finden – auch mit Blick auf andere Tierarten im Park.
Gregor Starosczyk-Gerlach