FINTHEN – Frostige Temperaturen und nebelverhangene Straßen schienen nahezu übergangslos in eine zeitlose Erzählung einzuleiten, die in der evangelischen Kirche in besonderer Form präsentiert wurde. Die Theatergruppe „Kirchspiel-Camerata” zeigte die weltbekannte Geschichte „A Christmas Carol“ von Charles Dickens als Live-Hörspiel mit zahlreichen Geräuscheffekten und atmosphärischer Musikbegleitung. Durch gemeinsames Singen wurde das Publikum selbst Teil der besinnlichen Darbietung. Bereits 2019 beeindruckte die Theatergruppe mit der Aufführung des Stücks unter Leitung von Lutz Dreyer – in diesem Jahr übertraf sie die Erwartungen mit einer unterhaltsamen Neuauflage.
„A Christmas Carol“ erzählt die Geschichte des kaltherzigen Geizkragens Ebenezer Scrooge, der sich durch vier geisterhafte Besuche zu einem empathischen, selbstlosen Menschen wandelt. Die Hauptrolle verkörperte Lutz Dreyer höchstpersönlich; rund 30 Mitwirkende vor und hinter den Kulissen bescherten dem zahlreich erschienenen Publikum ein unvergessliches Gesamterlebnis.
„Um uns herum passiert erschreckend viel Destruktives”, betonte Dreyer in seiner Begrüßungsansprache. Deshalb sei es ihm ein Anliegen, die weihnachtliche Botschaft, welche durch Heilung und Friedensstiftung geprägt ist, zu verbreiten. In seiner Rolle als Produzent Prof. Dr. Folkmar Bach bat Volker Beeck anschließend um die volle Aufmerksamkeit der Gäste, da die Veranstaltung nicht nur in „Finthen, Germany” gezeigt, sondern sogar weltweit live ausgestrahlt werde. „Singen Sie kräftig, aber schön die Ihnen zugedachten Lieder”, appellierte Bettina Sieck in ihrer Rolle als Regisseurin Betty von Victory, welche die mitwirkenden Akteure humorvoll auf ihre jeweiligen Plätze zitierte. Für stimmungsvolle Musikeinlagen sorgten drei Musikerinnen und ein Musiker mit Klavier, Violine, Querflöte und Saxofon. Ute Neumann-Beeck verkörperte mit glasklarer Aussprache die Rolle der „Erzählerin in gehobener Position”; das „Geräuscheteam” sorgte mit diversen Gegenständen und einer großen Portion Kreativität für eine authentische Soundkulisse.
Im Laufe des Hörstücks wurde Ebenezer Scrooge von vier Geistern besucht, welche den hartherzigen Mann zunehmend nachdenklich stimmten und ihn in ein Wechselbad der Gefühle eintauchen ließen. „Nein, zeige mir nicht mehr! Ich will nichts mehr sehen”, flehte Scrooge etwa nach einem düsteren Rückblick in seine eigene Vergangenheit. Der „Geist der diesjährigen Weihnachtsnacht“ hielt dem Griesgram metaphorisch einen Spiegel vor, sodass dieser demütig wurde und Reue zeigte. Nach dem Besuch des letzten Geistes, welcher Scrooge eine todgeweihte, triste Zukunft verhieß, ist er willens, ein besserer Mensch zu werden. Wie ausgewechselt erwacht er in der Realität mit neuem Lebensmut und unerwarteter Großzügigkeit. Seine neue Persönlichkeit ist fortan geprägt von Empathie und Warmherzigkeit.
Der zeitlose Klassiker habe gegenwärtig außerordentliche Aktualität, betonte Manfred Bröker, der im Stück die Rolle des Neffens Fred einnahm. Materialismus und Gier regiere die heutige Welt. Deshalb sei die Verbreitung der Weihnachtsbotschaft insbesondere in der heutigen Zeit von großer Signifikanz. Die Einnahmen des Abends kommen der Mainzer Tafel zugute.
Mandy Kramer