
ALTSTADT – Wie fühlt sich eine Straße an, wenn sie nicht von parkenden Autos, sondern von Schatten, Pflanzen und Begegnungen geprägt ist? Diese Frage stellte die Bürgerinitiative (BI) MainzZero vom 27. bis 30. Juni – und lieferte gleich die Antwort: Die Neutorstraße in der Mainzer Altstadt wurde für vier Tage zu einer Sommerstraße, oder mit anderen Worten zu einem Ort ohne auto-mobile Bewegung, in dem stattdessen der Austausch und die Begegnung unter den Nachbarn den Vorrang erhielt.
Die Aktion war Teil der städtischen Initiative „Meenzer Sommer- und Nachbarschaftsstraße“, die – nach dem Wunsch der Stadt – jährlich mindestens zehn vergleichbare Versuchsorte schaffen will, um die Straßen temporär vom Verkehr zu befreien und als soziale Räume erfahrbar zu machen. Die BI hat nun ein Resümee zur Aktion veröffentlicht, das an dieser Stelle zusammengefasst wird.
MainzZero hatte bereits 2023 eine ähnliche Veranstaltung in der Neustadt organisiert, diesmal fiel die Wahl auf die Neutorstraße – ein besonders von sommerlicher Hitze betroffener Abschnitt der Altstadt. Eine kritische Einordnung folgt bei Journal LOKAL in einem weiteren Bericht.
Statt Blech prägten also große Kübelpflanzen, Sitzbänke, schattenspendende Installationen und ein buntes Programm das Bild. Unterstützt von lokalen Initiativen, Gewerbetreibenden und Einrichtungen wurde vier Tage lang diskutiert, musiziert, gehandelt und informiert. Den Auftakt machte Ortsvorsteher Brian Huck (Grüne), der das Engagement für eine lebenswertere Altstadt ausdrücklich lobte. Auch Anwohner nutzten die Gelegenheit, um über die Belastung durch Durchgangsverkehr zu sprechen.
Die Anwohner hatten laut den Organisatoren die sinnbildliche Befreiung der Straße von den Autos gut genutzt. Andrang habe beispielsweise am Samstag beim Nachbarschaftsflohmarkt geherrscht, heißt es. Die gesamte Straße wurde zur Tauschbörse für Alltagsgegenstände, während Organisationen wie Oxfam oder die Handwerkskammer über Lieferketten, Berufsausbildung und faire Märkte informierten. Livemusik von Jugendbands, kostenlose Nackenmassagen, eine Malaktion mit Foodsharing, eine offene Werkstattgalerie sowie ein Freiluftgottesdienst der „Christians for Future“ sorgten für eine abwechslungsreiche Atmosphäre.

Als ein wichtiges Prinzip der Sommerstraße sei die Rücksichtnahme gewesen. Auf Hinweise aus der Nachbarschaft wurde eingegangen, Lautstärken reduziert, die Zufahrt zu privaten Stellplätzen ermöglicht. Auch während des Flohmarkts blieb die Straße eingeschränkt befahrbar – allerdings mit Fußgängervorrang.
Besonders erfreulich für die Organisatoren: Am letzten Tag starteten Anwohner eine Online-Petition für eine dauerhafte Begrünung und Verkehrsberuhigung der Neutorstraße. Innerhalb kurzer Zeit fanden sich zahlreiche Unterstützer. „Wir wollen nicht nur ein schönes Wochenende – wir wollen dauerhaft etwas verändern“, brachte es eine Anwohnerin auf den Punkt.
Wie sich die Symbolaktion in den „Masterplan einhundert Prozent Klimaschutz“ konkret in lebendige Grünachsen übersetzen lässt, bleibt die spannende Frage für Mainz.
red