BODENHEIM – Ein sonniger Nachmittag Ende August auf dem voll besetzten Dolles-Platz: Viele Bodenheimer Bürgerinnen und Bürger sind gekommen, um das zehnjährige Jubiläum der Initiative „Kulturbuntes Bodenheim“ gemeinsam zu feiern – mit angeregten Gesprächen, Spielen, internationalem Buffet, Musik und Gesang. Was 2015 als Initiative der Ortsgemeinde begonnen hat, ist heute eine feste Stütze im Ortsleben. Rund 25 Ehrenamtliche begleiten seitdem Geflüchtete auf dem Weg in ein selbstständiges Leben – unbürokratisch, verlässlich und gut vernetzt mit Verwaltung, Vereinen, Kirchengemeinden, Betrieben, Wohlfahrtsverbänden und Migrationsberatungsstellen.


Das Festprogramm ist dann auch bunt gemischt: Die ukrainische Sängerin Aleysa, die Gruppe Hamnawa aus Afghanistan mit ihrer charismatischen Sängerin Alicia und die Band Roca Latina, die mit latein-amerikanischen Rhythmen am Ende den Platz zum Tanzen bringt. Sie alle zeigen authentisch ihre Wurzeln, ihre Herkunft und ihre musikalische Tradition. Bereichert wird die Darbietung durch die Bodenheimer Schoppengarde und die Chöre Concordia und Free Voices. Die Besucher sind begeistert und zeigen dies mit viel Applaus.


Zwischendurch erzählen Geflüchtete ihre Geschichten vom Ankommen – manchmal leise und stockend, oft aber sichtbar glücklich und motiviert. So berichtet Mahsa Moghaddam aus dem Iran von ihrer Ausbildung zur Medizinischen Fachangestellten in einer regionalen Praxis, Baian Aledewi aus Syrien besucht sehr erfolgreich das Gustav-Stresemann-Wirtschaftsgymnasium und hat schon sehr konkrete Studienpläne, Iqra Raja absolviert im Marienkrankenhaus eine einjährige Ausbildung zur Pflegehelferin. Im April 2026 startet sie die dreijährige Ausbildung zur Krankenpflegerin.

Moderatorin Gisela Bingenheimer betont, wie wichtig eine Berufstätigkeit gerade für geflüchtete Frauen ist: ein großer Schritt in die Unabhängigkeit in der neuen Heimat. Zimmermann Mina Hinein kam 2013 aus Ägypten in Bodenheim an, mittlerweile ist er deutscher Staatsbürger und hat seit längerem eine sichere Arbeitsstelle. Trotzdem muss er aktuell kämpfen, seine Frau und seinen kleinen Sohn Fernando – der einen deutschen Pass hat! – aus Ägypten nachzuholen. Mohammed Abedi aus dem Iran, Nina Vovk aus der Ukraine und Suleiman AlSuleimann aus Syrien berichten sichtlich berührt über ihre erfolgreiche Integration im neuen Land mit Hilfe der KulturBunten.

Allen Erzählerinnen und Erzählern merkt man die Dankbarkeit und Wertschätzung gegenüber ihren Helferinnen und Helfern an: „Ohne euch wären wir heute nicht hier. Ohne eure Hilfe hätten wir das alles nicht geschafft.“ Über allem steht das Jubiläumsmotto „Das Miteinander zaubern“– und ein Gefühl von Nähe, das an diesem Abend spürbar ist. Für die internationale GEA-Group AG, Niederlassung Bodenheim, übergab Dr. Danijel Anciger einen Spendenscheck über 1.000 Euro: „Die KulturBunten machen sich für kulturelle Teilhabe und Integration stark, und das unterstützen wir ausdrücklich,“ betonte der Bodenheimer Standortleiter der GEA. Das Geld soll laut Kassenwartin der Initiative, Doris Groß-Erlenbach, für Bildungs- und kulturelle Maßnahmen eingesetzt werden, beispielsweise Sprachförderung und Schwimmkurse, die Kindern und Erwachsenen zugutekommen. Viele Aussagen an diesem Nachmittag klingen ähnlich: Dank Begleitung, Sprachkursen und den kurzen Wegen in Bodenheim wurde kulturelle und demokratische Teilhabe möglich. Heute sind nach Erfahrungen des Netzwerks die meisten erwerbstätig, viele in lokalen Betrieben.

Neben individueller Unterstützung schafft „Kulturbuntes Bodenheim“ viele Gelegenheiten für Begegnung. Herzstück ist der Kulturbunte Mittwochstreff im Haus der Vereine, bei dem Menschen aller Altersgruppen und Nationen gemeinsam essen, sprechen und Zeit verbringen. Sechs Mal im Jahr kommen beim Kulturbunten Runden Tisch Engagierte und Interessierte zusammen, um Erfahrungen zu teilen und neue Projekte zu planen. Das spürbare Ergebnis: mehr Begegnung, weniger Vorurteile, neue Vereinsmitglieder, zusätzliche Fachkräfte in Betrieben – kurzum: ein bunteres, reicheres Bodenheim.
Sabine Longerich