
GAU-ALGESHEIM – Michael König, Stadtbürgermeister von Gau-Algesheim und CDU-Landtagskandidat, versteht sich als Anwalt der kommunalen Interessen. In einem ausführlichen Gespräch mit Journal LOKAL schildert er seine politischen Überzeugungen, seine Motivation für die Kandidatur und seine Vorstellungen einer bürgernahen Landespolitik.
Journal LOKAL: Hallo Herr König, Sie sagen, Kommunen seien die Basis der Politik. Was konkret fehlt Ihrer Meinung nach den Kommunen in Rheinland-Pfalz aktuell am meisten?
Michael König: Meiner Meinung nach fehlt es den Kommunen in Rheinland-Pfalz an der finanziellen Basis, um eine bürgernahe Politik zu betreiben. Ergebnisse, die die Bürgerinnen und Bürger vor Ort sehen können, sind wichtig. Wenn die Kommunalpolitik den Alltag in der Gemeinde nicht positiv mitgestaltet, verlieren wir den demokratischen Kompass. Eine Bürgermeisterin oder ein Bürgermeister und die Räte sind nicht nur Verwalter, sondern Gestalter unseres Landes. Wo sonst erleben die BürgerI Politik so hautnah wie in den Kommunen. Mit immer mehr Hürden durch gesetzliche Vorgaben begraben wir die Kommunale Selbstverwaltung. Es besteht die Gefahr, dass zunehmend nicht mehr der politische Wille vor Ort zählt, sondern immer das, was die Vorschriften sagen.
Journal LOKAL: Sie fordern das Prinzip: Wer bestellt, der bezahlt. In welchen Fällen wurde dieser Grundsatz zuletzt Ihrer Meinung nach verletzt? Wo wollen Sie ansetzen?
Michael König: Es ist einfach Politik der Wunscherfüllung zu betreiben, wenn andere die Zeche zahlen. Dafür gibt es genügend Beispiele. Ich will hier nur die Ganztagsbetreuung, auch über die Ferien, in Schulen ansprechen. Das Land will diese Ausweitung der Betreuung und die Kommunen sollen es zahlen. Personal mit entsprechender Fachlichkeit soll eingestellt werden, dieses Personal wird aber auch in den Kindergärten benötigt. Hier wird es ein Gerangel um das Personal geben.
Journal LOKAL: Warum haben Sie sich entschieden, den Schritt vom Stadtbürgermeister zum Landtagskandidaten zu gehen?
Michael König: Ich bin jetzt viele Jahre in der Kommunalpolitik aktiv. Jahre, in denen ich gesehen und in der politischen Arbeit gespürt habe, dass uns ein dogmatisches „Weiter so“ nicht weiterbringt, sondern uns immer mehr in eine Lähmung führt. Vieles davon ist beim Land verankert und muss daher auch dort geändert werden. Wir leben in einem großartigen Bundesland mit tollen Menschen und Initiativen. Auch Landespolitik soll bürgernah sein, Politik mit den Menschen für die Menschen. Wir müssen wieder Mut haben Politik zu machen und den ganzen Paragraphendschungel zu entrümpeln. Wir blähen Verwaltung auf und schränken die Spielräume der BürgerInnen immer mehr ein. Deshalb habe ich mich entschlossen meinen Hut in den Ring zu werfen.
Journal LOKAL: Was wollen Sie dort anders oder besser machen als bisher?
Michael König: Politische Entscheidungen müssen immer so geprüft werden, dass sie den Menschen nutzen, sie sollen nicht bevormunden. Politik muss nah bei den Leuten sein. Da kann es auch mal sein, dass sich Sachverhalte in der Pfalz ganz anders darstellen als im Westerwald und andere Lösungen brauchen. Wir blähen grade alles auf in den Verwaltungen ohne dabei zu bedenke, dass in einigen Jahren kein Personal mehr zu Verfügung steht. Der demographische Wandel muss stärker in den Fokus kommen. Gedanken wie wir in Zukunft unsere Arbeit leisten können müssen heute gestellt werden. Aufgabenverteilung zwischen Land-Kreis -Kommunen neu definiert werden. Wir müssen uns nicht gegenseitig mehrmals kontrollieren. Mit meiner politischen und beruflichen Erfahrung will ich Entscheidungen in der Landespolitik bürgernah mitgestalten.
Journal LOKAL: In welcher Form bleiben Sie der Stadt im Fall einer Wahl in den Landtag erhalten?
Michael König: Gau-Algesheim ist mein Herz, Rheinhessen meine Heimat. Das Amt des Stadtbürgermeister erdet mich. Die Bürger sagen mir, was sie gut und schlecht finden. Ich möchte auf jeden Fall Bürgermeister bleiben
Journal LOKAL: Sie haben für den Städte- und Gemeindebund eine Petition auf den Weg gebracht – mit welchen Reaktionen? Welche Wirkung hatte die Initiative bislang?
Michael König: Ich habe mit sieben BürgermeisterInnen eine Petition auf den Weg gebracht. Ich fungierte dabei als Sprecher. Mittlerweile sind viele BürgermeisterInnen aus ganz Rheinland-Pfalz durch diese Initiative miteinander vernetzt. Was haben wir erreicht? Wir haben das Thema in die Landespolitik getragen und auch einige Erfolge erzielt. Es gab Verbesserungen in den Rahmenbedingungen für ehrenamtliche BürgermeisterInnen in RLP. Aber nicht alle unsere Ziele sind erreicht, deshalb wird die Initiative weitergehen.
Journal LOKAL: Wie sieht für Sie „mehr Gestaltungsspielraum“ für Gemeinden konkret aus – über welche Mittel oder Kompetenzen reden Sie an der Stelle?
Michael König: Die Gemeinden müssen vor Ort entscheiden, was getan wird. Nicht als verlängerter Arm der Kreisverwaltung, sondern vor Ort müssen die Räte die Weichen stellen. Alles fünfmal zu prüfen, unzählige Gutachten (für viel Geld) erstellen zu lassen nervt nicht nur die Räte, sondern auch die Bürger. Die Gemeinden müssen wieder mehr Kompetenzen bekommen, um Entscheidungen umzusetzen. Dazu benötigen sie Geld und keine unzähligen bürokratischen Vorschriften.
Journal LOKAL: Welche Lehren ziehen Sie aus Ihrer Arbeit als Stadtbürgermeister für die Landespolitik – was lässt sich übertragen, was nicht?
Michael König: Als Beispiel nenne ich die Rahmenbedingungen für die Arbeit in den Kitas. Als Stadtbürgermeister bin ich im Gespräch mit den Erzieherinnen und den Eltern und kann diese Erfahrungen in die Landespolitik einbringen. Ich werde mich im Landtag besonders bei den Themen zu Wort melden, die ich aus eigener Erfahrung kenne. Sicherlich ist nicht alles eins zu eins auf Landesebene, wie in einer Kommune, umsetzbar. Auch in der Seniorenarbeit und in die Gestaltung einer Kommune für jungen Familien lassen sich übertragen. Erfahrungen und unzählige Gespräche sind ein gutes Fundament Politik bürgernah zu gestalten.
Journal LOKAL: Das Krankenhaus in Bingen sehen Sie als Schlüsselthema. Wie wollen Sie im Landtag erreichen, dass dessen Zukunft gesichert ist – trotz angespannter Haushaltslage?
Michael König: Wenn wir unseren Mitbürgern keine ausreichende medizinische Versorgung vor Ort bieten, werden sich die Menschen von uns abwenden. Nach der Schließung des Ingelheimer Krankenhauses brauchen wir für unsere Region das Binger Krankenhaus. Deshalb haben die Stadt Bingen und der Kreis Mainz-Bingen für eine Zwischenfinanzierung gesorgt. Hier ist das Land klar in der Verantwortung Perspektiven zu entwickeln und die gesundheitliche Versorgung vor Ort zu lassen. Sollen wir alle nach Mainz und Bad Kreuznach fahren. Diese Krankenhäuser haben ohnehin genug zu tun.
Journal LOKAL: Welche Maßnahmen zur Sicherung der hausärztlichen Versorgung schlagen Sie konkret vor – besonders mit Blick auf ländliche Räume?
Michael König: Damit die hausärztliche Versorgung klappt, fordert die CDU-Landtagsfraktion seit Jahren die Aufstockung der Medizin-Studienplätze in Rheinland-Pfalz. Mir ist unbegreiflich, dass die SPD geführte Landesregierung, obwohl man weiß, dass jetzt ganz viele Ärzte in Rente gehen, nicht den erforderlichen Nachwuchs für unser Land ausgebildet hat. Es gibt genug Studienbewerber für die medizinischen Berufe. Jungen Ärzten muss die Politik verlässliche Förderprogramme für die Übernahme von Arztpraxen in ländlichen Gebieten geben.
Journal LOKAL: Wo sehen Sie Potenzial für interkommunale Zusammenarbeit?
Michael König: Das Schwimmbad Rheinwelle ist eine Erfolgsgeschichte und kann Beispiel geben nicht nur in RLP. Ein gutes Beispiel ist die angestrebte Zusammenarbeit im Bereich der Kitas in der Region. Wir haben für den Bau des zusätzlichen Kindergartens in Gau-Algesheim zur Beschleunigung der Baugenehmigung und für ein kostengünstiges Bauen ein erfolgreiches Konzept der Stadt Ingelheim übernommen. Eine naheliegende Kooperation für die Zusammenarbeit ergibt sich bei der Gewinnung und Fortbildung des Kita Fachpersonals. Aber es gibt viele Themengebiete, die geeignet sind interkommunal angegangen zu werden. Zusammenarbeit der Bauhöfe, alternative Energiegewinnung, Naturschutz usw.
Journal LOKAL: Ihr Weg führte vom Zimmermann zum Sozialarbeiter und Stadtbürgermeister. Welche Erfahrungen aus Ihrer Zeit im Baugewerbe oder in der Jugendhilfe prägen Ihre politische Haltung?
Michael König: Nun, der Bau ist ein guter Lehrmeister. Er ist oft Rauh und dann auch wieder Kollegial und zielorientiert. Dinge mussten erledigt werden und forderten, bei jedem Wetter die volle Anwesenheit. Pragmatismus gepaart mit hoher Fachlichkeit und die Gewissheit das es ohne das Teamwork nicht funktioniert. Ich habe mit vielen Menschen aus ganz verschiedenen Kulturen zusammengearbeitet, alle mit einem Ziel – eine gute Leistung abzugeben. Dieses Fundament trug mich auch im Studium und in der Arbeit als Sozialpädagoge. Menschen zu unterstützen, ohne zu bevormunden, ihnen Wege aufzuzeigen und Unterstützung da zu geben, wo sie gebraucht wurde. Ich glaube sehr das mich die Lehre als Zimmermann, mein Studium sehr geprägt haben und mich sehr geerdet haben, bis heute. Der Respekt vor Menschen, ihren Leistungen und somit ihren Leben sind für mich keine hole Worte, sondern Grundlage meines Handelns.
Journal LOKAL: Sie haben auf dem zweiten Bildungsweg studiert. Wie sehr hat Sie das Thema Bildungsgerechtigkeit politisiert – und was fordern Sie in diesem Bereich vom Land? Wie bringen Sie Beruf, Politik und Familienleben mit drei Kindern unter einen Hut – und was bedeutet Ihnen der Begriff „Heimat“ in Ihrer politischen Arbeit?
Michael König: Wir leben in einem Land, in dem jedem alles offensteht. Jeder hat es verdient sein Leben so zu gestalten wie er/sie es für richtig hält. Ich bin sicherlich ein gutes Beispiel dafür, wie der 2. Bildungsweg Chancen eröffnet. In der Kommunalpolitik ist jeder Bürgermeister und jeder Bürgermeister ständig gefordert und eigentlich ist das ein Fulltimejob! Allen meinen ehrenamtlichen Kolleginnen und Kollegen zolle ich Respekt. Wenn nicht alle mitspielen in der Familie, kann niemand dieses Amt ausfüllen. Meine Kinder sind erwachsen und gehen ihren eigenen Weg in das Berufsleben. Das klappt gut.
Journal LOKAL: Was zeichnet Ihre Politik konkret aus, versuchen Sie ein politisches Selbstporträt in wenigen Sätzen?
Michael König: Weil ich gerne mit anderen Menschen zusammenarbeite und sie um Mitarbeit bitte, haben wir gemeinsame Erfolgserlebnisse und motivieren uns gegenseitig. Offenheit, Transparenz und nach meiner Meinung immer auf dem Boden bleiben. Lösungen entwickeln mit den Menschen für die Menschen. Aber auch Notwendiges durchsetzen, um Ziele zu erreichen.
Journal LOKAL: Was sagen Sie jenen, die bezweifeln, dass Sie als Stadtbürgermeister genügend Zeit und Unabhängigkeit für ein Landtagsmandat mitbringen?
Michael König: Meine langjährige berufliche und politische Erfahrung gibt mir die Möglichkeit neben meinem Engagement als Stadtbürgermeister auch überregional und im Landtag Impulse für Zukunftsprojekte zu geben. Niemand ist unabhängig, sondern immer ein Produkt seine Sozialisation. Natürlich werden die Erfahrungen als Stadtbürgermeister auch, wenn ich gewählt werde, im Landtag einfließen. Aber auch meine anderen Erfahrungen werden immer eine Rolle spielen.
Journal LOKAL: Inwiefern würden Sie Entscheidungen Ihrer eigenen Partei im Landtag kritisch sehen – oder sich notfalls auch dagegenstellen?
Michael König: Als Sitzungsleiter im Stadtrat suche ich bei Konflikten als Moderator gemeinsame überparteiliche Wege. Im Landtag müssen ebenfalls Kompromisse über Parteigrenzen hinausgefunden werden. Politik sollte nicht in einen reinen Aktionismus beschlossen werden, sondern immer die BürgerInnen im Blick haben. Abgeordnete sind erstmal ihren Gewissen gegenüber verantwortlich und dies ist auch meine Maxime.
Journal LOKAL: Vielen Dank für das Gespräch.
Das Interview führte: Gregor Starosczyk-Gerlach