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Kunst trifft Bibel Einweihung >>>Bronzefigur „Rut“ bekommt einen Platz im Ober-Olmer Bibelgarten

Viele Besucher kamen in den Bibelgarten, um die Einweihung der Bronzefigur mitzuerleben.

OBER-OLM – Der Bibelgarten ist um eine Attraktion reicher: Seit einigen Tagen kann man dort die Bronzefigur Rut bewundern, die der gleichnamigen Person aus dem Alten Testament nachempfunden ist. Zur Einweihungsveranstaltung sprach die Künstlerin Maya B. Albrecht einige Worte zu ihrem neuesten Werk.

Entgegen der Gewitterwarnungen konnten sich die zahlreichen Besucher bei bestem Sommerwetter auf ein vielfältiges Kulturprogramm freuen. Eröffnet wurde die Einweihung von Initiatorin Kathrin Fiederling vom Pfarrgemeinderat. Anschließend kam die Künstlerin selbst zu Wort, erklärte das Motiv, gab einen Einblick in den Schaffensprozess von der Idee bis zur Fertigstellung. Nach der Segnung der Figur durch Pfarrer Simon Krost ging es nebenan in die Kirche St. Martin, wo zu Melodien der Musikgruppe Panta Rhei („Alles fließt“) aus dem Buch Rut vorgelesen wurde.

Die ursprüngliche Idee der Künstlerin war eine andere: Eigentlich dachte Albrecht zunächst an eine Frau reiferen Alters, in sich ruhend, mit einem Enkelkind neben sich. Es sollte einerseits der symbolische Ausdruck einer Brücke sein, die Menschen unterschiedlicher Generationen – und sei ihr Altersunterschied noch so groß – durch Nähe und Zuwendung verbindet. Viel wichtiger war Albrecht aber die Wertschätzung von Frauen mit langer Lebenserfahrung. Die Ursprungsidee hat sich weiterentwickelt. Bemerkenswert scheint es alleine schon, dass aus der Bibel ausgerechnet eine Frau als Motiv genommen wurde: „Es gibt dort nicht viele Geschichten, die das Leben von Frauen beschreiben. Aber Rut ist als Person so wichtig gewesen, auch für die Gläubigen, dass sie benannt wird“, erklärt Albrecht. Mit ihrer Wahl stellt Albrecht das Thema der Lebensrealität von Frauen über viele Jahrhunderte hinweg in den Mittelpunkt.

Noch ausschlaggebender jedoch sei ihre Lebensgeschichte. „Nach dem Tod ihres Ehemanns bleibt Rut nicht in ihrem Land, sondern begleitet ihre Schwiegermutter auf dem Weg zurück in deren Heimat. Das ist das Bemerkenswerte für mich: dass sie sich eben nicht klein macht und das tut, was damals die Norm war, sondern auf ihr Herz hört und der Person, die ihr am wichtigsten ist, in ein für sie selbst völlig unbekanntes Land folgt“, so Albrecht. Die Migration in die Ferne, aus Liebe zu einer anderen Person und trotz all den gesellschaftlichen Widrigkeiten, die man als Fremde zu befürchten hat – das dafür notwendige Selbstbewusstsein, der Mut und das Hören auf die innere Stimme ist es, was Albrecht nachhaltig beeindruckte.

Umso passender ist es, dass das Buch Rut wie kein anderes in der Bibel die sozialen Verhältnisse von Frauen in der patriarchalisch geprägten Gesellschaft des alten Israels abbildet. Schließlich haben Themen wie Migration oder die Rolle der Frau auch Jahrtausende nach der Erzählung – das Buch Rut stammt wohl aus dem 5. Jahrhundert v. Chr. – kaum an Aktualität eingebüßt. So schafft Albrecht selbst bei Geschehnissen, die schon weit in der Vergangenheit zurückliegen, einen Bezug zur Gegenwart und lädt zur Diskussion ein.

Auf die Frage, welchen Stellenwert religiöse Aspekte in ihrer künstlerischen Arbeit haben, betont Albrecht die Bildgewalt biblischer Erzählungen. Ihr ginge es darum, religiöse Symbole und Metaphern durch Kunst zum Leben zu erwecken – schließlich sind es grundlegend menschliche Geschichten und Vorstellungen. So nutzt sie immer wieder religiöse Motive in ihrem künstlerischen Schaffen. Ein Beispiel dafür nennt Albrecht mit dem Heiliggeistfenster in der Kirche St. Andreas in Klein-Winternheim, wo sie den heiligen Geist als loderndes Feuer – Licht, Energie und Liebe – darstellte. Und auch im Bibelgarten selbst wird mit der Kunstinstallation der Stelen an eine weitere Geschichte aus dem Alten Testament erinnert. „Ich dachte an Moses, der mit seinem Volk durch die Wüste wandert und in der Not mit seinem Stock an einen Felsen klopft, aus dem plötzlich Wasser sprudelt“, erzählt Albrecht und zeigt auf zwei Stelen. Dort soll in naher Zukunft ein Wasserauslauf angebracht werden, damit das Wasser in Ruts offene Hände fließen kann – und sie Geschenke Gottes, wie das „Wasser des Lebens“, dankbar annimmt.

Dass die Bronzefigur nun im Bibelgarten ihre Heimstätte gefunden hat, ist nicht nur wegen Rut als biblischer Persönlichkeit naheliegend. Tatsächlich ist die Idee für die Statue in etwa so alt wie der Bibelgarten selbst. Nachdem 2020 bei Kathrin Fiederling die Idee aufkam, dass man aus dem brachliegenden Pfarrgarten etwas Neues machen könnte, fanden sich mit der Zeit immer mehr Freiwillige für das Projekt. Nach unzähligen Stunden harter Arbeit konnte dann vor etwas mehr als einem Jahr der Bibelgarten feierlich eröffnet werden. Gedacht war er von Anfang als ein barrierefreier Ort der Ruhe und Entspannung und des sozialen Miteinanders für alle Menschen. Unabhängig des religiösen Glaubens ist also jeder herzlich eingeladen, sich inmitten der malerischen Atmosphäre des Bibelgartens von der Lebensgeschichte Ruts inspirieren zu lassen.

Felix Werner

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