
NIEDER-OLM – Zum zehnjährigen Bestehen ihrer integrativen Kindertagesstätten hat die Gesellschaft für Teilhabe und Integration (in.betrieb) Einblick in Konzepte und Alltag gegeben – und prominenten Besuch erhalten: Rheinland-pfälzischer Bildungsminister Sven Teuber war in der Kita „Selzlinge“ in Nieder-Olm vor Ort. Sein Kernanliegen, das er vor Kindern, Eltern und den pädagogischen Teams erläuterte: mehr Anerkennung, mehr Verlässlichkeit, vor allem aber konsequente Inklusion. „Es muss darum gehen: nicht ob, sondern wie“, sagte Teuber. Zugleich unterstrich er die Bedeutung des Berufsfelds. Die pädagogischen Fachkräfte sorgten dafür, „dass Kinder behütet, geschützt, gestärkt und selbstbestimmt in einem guten Raum aufwachsen können “.
Teuber verwies auf die Fachkräfteoffensive des Landes: Rund 39.000 pädagogische Fachkräfte arbeiten derzeit in rheinland-pfälzischen Kitas – etwa 4.000 mehr als vor drei Jahren. Ziel sei „mehr Verlässlichkeit“, so der Minister: Ausfälle reduzieren, Vertretungen sichern, Teams stärken und sie multiprofessionell aufstellen. Die Kita-Sozialarbeit könne die Familien unterstützen und pädagogische Teams entlasten. Er sprach sich außerdem für hitzebeständige, gesundheitsgerechte Arbeitsbedingungen und schnellere Genehmigungsprozesse in den Kommunen aus. Das Land investiere über eine Milliarde Euro pro Jahr in die frühkindliche Bildung; gemeinsam mit den Kommunen seien es mehrere Milliarden.
Wie Inklusion konkret gelebt wird, zeigen die drei in.betrieb-Kitas mit jeweils eigenem Profil. „Alle drei Kitas haben den integrativen Schwerpunkt, jede setzt aber zusätzlich einen eigenen Akzent“, erklärt Sarah Alt, die bei in.betrieb den Geschäftsbereich verantwortet. Die „Selzlinge“ in Nieder-Olm setzen auf Nachhaltigkeit, die „Wildlinge“ in Ingelheim sind auf dem Weg zur Bewegungs-Kita, die „Rheinlinge“ in Mainz arbeiten als Konsultations-Kita für Inklusion von Kindern mit Behinderungen. Als solcher berät der Mainzer Standort andere Einrichtungen, Kommunen und Eltern.
Als zentrales Prinzip nannte Alt in allen Häusern den partizipativen Ansatz. „Wir beziehen die Kinder aktiv durch Abstimmungsmöglichkeiten ein“, so Alt. Ein zweiter Schwerpunkt ist die Unterstützte Kommunikation (UK): Zum Einsatz kommen Tablets/Talker, eine sprechende Wand mit Piktogrammen, Kommunikationsklammern mit kurzen Sprachaufnahmen sowie Gegenstände als Zeichen („Ball“ steht etwa für den Bewegungsraum). Damit können nicht sprechende Kinder selbstbestimmt mitbestimmen.
Die Entwicklung der Standorte zeigt Pragmatismus: In Mainz starteten zuerst die „Rheinlinge“; bei den „Selzlingen“ verzögerte ein Wasserschaden den Einzug, sodass die Kita vorübergehend in Werkstatträumen begann. Die „Wildlinge“ in Ingelheim kamen später hinzu. Heute bietet in.betrieb rund 187 Plätze, pro Haus zehn Plätze für Kinder mit Behinderungen. „Wir haben mehr Anfragen, als wir Plätze haben“, sagt Alt. Das Kita-Gesetz in Rheinland-Pfalz setze auf wohnortnahe Aufnahme; integrative Kitas schlössen Lücken, wenn das örtliche Angebot nicht zum Kind passe. „Das gesamte Kitasystem muss immer wieder auf den Prüfstand, damit möglichst viele Kinder eine stabile Betreuung bekommen.“
Der zehnte Geburtstag der Inklusionsarbeit für die Kinder wurde als Tag der offenen Tür gestaltet: Die Besucher konnten die Konzepte kennenlernen und die Fachkräfte aller drei Häuser in den so wichtigen, und an dem Tag lockeren Austausch kommen. Daraus entwickelte sich eine Atmosphäre, in der die Zustimmung aus dem Mainzer Ministerium und Teubers Botschaft wie eine Stärkung wirkten, den Inklusionsweg mutig fortzusetzen.
Gregor Starosczyk-Gerlach