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ÖDP stellte Kandidaten für Landtagswahl im Wahlkreis Ingelheim vor Rößler und Eschborn rücken Umwelt- und Bildungspolitik in den Fokus

Andreas Rößler tritt als Direktkandidat für die Landtagswahl im rheinland-pfälzischen Wahlkreis Ingelheim. Foto: Privat

INGELHEIM – Die Ökologisch-Demokratische Partei (ÖDP) hat ihre Kandidaten für die Landtagswahl im rheinland-pfälzischen Wahlkreis 31, Ingelheim am Rhein, vorgestellt. Andreas Rößler, Umweltschutzingenieur aus Münster-Sarmsheim und derzeit Fraktionsvorsitzender der ÖDP/Linke im Kreistag Mainz-Bingen, tritt als Direktkandidat an.

Ersatzkandidat für Rößler ist der Ingelheimer Jurist Marcus Eschborn
Foto: Privat

Ersatzkandidat ist der Ingelheimer Jurist Marcus Eschborn.

Journal LOKAL: Hallo Herr Rößler, welche konkreten Projekte haben Sie im Kreistag bisher initiiert oder begleitet?

Andreas Rößler: Naturgemäß sind die Beteiligungsmöglichkeiten eingeschränkt, wenn man als Einzelmitglied im Kreistag ist. Bei der Abfallwirtschaft des Landkreises war es mein Anliegen, mit für eine umweltgerechte und wirtschaftliche Gestaltung zu sorgen.

In der Frage der Rekommunalisierung habe ich daher für den Kreis Mainz-Bingen eine Ausschreibungslösung favorisiert. Nun ist es mit der KAW-Gründung doch eine Lösung mit Mainz geworden. Hier gilt es nun, das Beste daraus zu machen, die Aufsichtsfunktionen gut wahrzunehmen und die Verwertungsbemühungen zu optimieren.

Im Übrigen haben wir als ÖDP verschiedene Anfragen in den Kreistag eingebracht, so zum Fluglärm, zu Blackout-Gefahren im Landkreis oder zu den sogenannten invasiven Arten. Nicht zuletzt haben wir an der Entwicklung des Masterplans Klimaschutz des Landkreises mitgewirkt und werden uns nun mit um eine sinnvolle Umsetzung kümmern.

Journal LOKAL: Welche Rolle spielt die Bürgerbeteiligung in den Energie- und Umweltkonzepten der ÖDP?

Andreas Rößler: Wir sehen vor allem die Notwendigkeit, über die Vorhaben im Vorfeld gut aufzuklären, und die Konzepte müssen gut durchdacht und plausibel sein. Für die Bürger muss am Ende auch die Möglichkeit bestehen, hiervon wie zum Beispiel im Rahmen von Bürgerenergiegenossenschaften zu profitieren. Das stärkt die Akzeptanz. Momentan haben wir eine Situation, wo den Bürgern und im Übrigen auch den Kommunen alle möglichen Pflichten und Vorgaben auferlegt werden und ihnen das bisher Übliche verboten wird. Ich nenne da mal das Verbrennerauto oder die Gas- oder Ölheizung.

Hier waren und sind die Konzepte der Regierung mit einschränkung nicht genug durchdacht und werden nicht gut vermittelt. Nach meiner Ansicht sind die Vorhaben besser zu erklären, und sie müssen stärker auf ihre Realisierbarkeit hin geprüft werden. Das gilt aktuell z. B. auch für die angedachte Errichtung von Gaskraftwerken – wo soll das Gas dafür herkommen?

Journal LOKAL: Wie will die ÖDP sicherstellen, dass der Ausbau regenerativer Energien sozialverträglich gestaltet wird?

Andreas Rößler: Hierzu zählt für mich zum Beispiel, dass die Kosten, die vor allem durch den Netzausbau entstehen, um die regenerativen Energien aufzunehmen und zu verteilen, nicht einseitig auf die Verbraucher abgewälzt werden, sondern dort getragen werden, wo sie entstehen.

Das gilt auch für die Kosten der dringend notwendigen Stromspeicher und Mehrkosten für die Aufrechterhaltung von Reservekraftwerken. Wahr ist aber, dass die Energiewende zunächst zu erheblichen Investitionen und dadurch insgesamt zu Mehrkosten führt.

Ob es da klug ist, gleichzeitig die CO₂-Preise zu erhöhen und so zusätzliche Preiseffekte in den Markt zu senden, kann man bezweifeln. Und versprochene Rückzahlungen wie z. B. das Klimageld, das die gestiegenen Kosten bei den Bürgern ausgleichen helfen sollte, müssen dann auch kommen. Es darf nicht nur bei Ankündigungen bleiben. So verliert die Politik auch an Glaubwürdigkeit.

Journal LOKAL: Gibt es Pilotprojekte zur Umsetzung des Schwammstadtkonzepts in der Region?

Andreas Rößler: Tatsächlich gibt es diese meines Wissens nicht. Beispiele gibt es aus Berlin, Hamburg und Planungen aus anderen Großstädten. Das Prinzip ist im Grunde genommen ja sehr einfach. Die Wassermengen aus den selteneren, aber dafür teilweise stärkeren Niederschlägen müssen gespeichert werden, um für die trockenen Zeiten vorzusorgen und die Grundwasserneubildungsrate zu erhöhen.

Dadurch wird gleichzeitig der Abfluss verlangsamt, Hochwasserspitzen werden abgemildert und die Versorgung mit Wasser in Trockenzeiten verbessert. Leider machen wir in unseren Städten mitunter genau das Gegenteil. Immer mehr Flächen werden versiegelt und betoniert oder Gärten als pflegeleichte Steingärten gestaltet. Damit sorgt man dafür, dass der Wärmeinseleffekt in Städten steigt und sich die Städte noch stärker aufheizen.

Stattdessen müssen wir unsere Flächen entsiegeln, Dächer begrünen, Versickern ermöglichen und Wasser gezielt zurückhalten und speichern. Aus der Schweiz gibt es eine interessante Übersicht mit Beispielen, nach verschiedenen Maßnahmen und Projektarten gegliedert.

Journal LOKAL: Wie bewerten sie die aktuelle Schulpolitik der Landesregierung konkret?

Andreas Rößler: Kürzlich wurde in der Presse über den IQB-Bildungstrend 2024 berichtet. Gemäß dieser Studie bleiben Schüler in Rheinland-Pfalz vor allem in Mathematik und Physik hinter dem Bundesdurchschnitt zurück. Untersucht wurden für die Studie die Leistungen in den neunten Klassen von allgemeinbildenden Schulen und Förderschulen. Auch im Fach Chemie sieht es nicht gut aus.

Selbst wenn man berücksichtigt, dass sich hier auch ein bundesweiter Trend widerspiegelt, zeigt es doch, dass es mit unserem Bildungssystem nicht zum Besten bestellt ist. Der Erfolg hat bekanntlich viele Väter, in diesem Fall dürfte das auch auf den Misserfolg zutreffen. Gründe sehen wir beispielsweise im Unterrichtsausfall und in veralteten Unterrichtsmethoden.

Mobbing und Gewalt an Schulen sind ebenso wie migrationsbedingt zunehmende Sprachdefizite mitursächlich. Ein gezielter Förderunterricht für Flüchtlingskinder, gegebenenfalls auch vor der Einschulung, wäre unter anderem sinnvoll, um die Defizite möglichst schnell auszugleichen und auch, um den übrigen Kindern keine Bildungschancen zu nehmen.

Der Erhalt der Förderschulen im Land ist für die ÖDP von besonderer Bedeutung. Der Bedarf in diesem Bereich steigt trotz aller Inklusionsbemühungen.

Journal LOKAL: Welche Erfahrungen bringen Sie im Bereich Bildungspolitik mit?

Andreas Rößler: Eigene Erfahrungen und Eindrücke konnte ich als Mitglied im Schulträgerausschuss in unserem Landkreis sammeln. Zusätzlich haben wir als Eltern die verschiedenen Schulformen in Rheinland-Pfalz auch in eigener Anschauung kennenlernen dürfen. Um auch etwas Positives zu sagen: Als sehr vorteilhaft schätze ich die Durchlässigkeit der verschiedenen Schulformen ein.

Das nimmt der Frage der Wahl der weiterführenden Schule aus meiner Sicht ein wenig der ihr zugesprochenen Bedeutung. Auch wer zunächst auf der Hauptschule oder in der Realschule startet, hat im Anschluss noch alle Möglichkeiten, weiterzukommen. Und letztlich bietet auch unser berufliches Bildungssystem eine solide Basis.

Journal LOKAL: Wie positioniert sich die ÖDP in überregionalen Fragen wie Migration, Verkehr und Digitalisierung?

Andreas Rößler: Bei der Migration müssen wir wieder stärker unterscheiden, welche Migrationsgründe vorliegen. Fachkräftezuwanderung wird zwar benötigt, die Erfahrung zeigt aber, dass die Zuwanderung in den Arbeitsmarkt eher gering ist und die Zuwanderung vor allem in unsere Sozialsysteme erfolgt. Die Hilfe für Armutsflüchtlinge und Asylsuchende muss vor allem in den Herkunftsländern oder in deren Nachbarländern erbracht werden. Eine Begrenzung der Migration ist aus meiner Sicht derzeit unumgänglich, und sie muss mehr an den Bedürfnissen des Arbeitsmarktes orientiert werden.

Beim Verkehr müssen ein Ausbau des ÖPNV und vor allem eine bessere Vernetzung der verschiedenen Verkehrsträger erfolgen. Das bedingt beispielsweise, dass man gute Taktungen hat, ohne überlange Wartezeiten von beispielsweise dem Bus auf die Bahn umsteigen kann und sein Fahrrad mitführen kann, um die „letzte Meile“ dann mit dem Rad zu erledigen.

Nicht zuletzt sind auch die Punkte Sauberkeit und vor allem Sicherheit für die Nutzer zunehmend wichtig. Und wer sich als Autofahrer über Radfahrer ärgert oder als Radfahrer über Autofahrer – vielleicht hilft es, sich zu erinnern, dass die meisten von uns immer mal wieder Autofahrer, Radfahrer oder auch Fußgänger sind. Mehr Rücksicht aufeinander zu nehmen, sollte eine Selbstverständlichkeit sein. Mit der zunehmenden Elektrifizierung unserer Busse wird auch der Busverkehr immer mehr klimaverträglich.

Digitalisierung ist so ein Zauberwort, bei dem ich eher skeptisch bin. Ohne Zweifel hat uns die Digitalisierung viel ermöglicht, und sie ist aus unserem Alltag kaum mehr wegzudenken. Aber sie hat auch Schattenseiten. Umso wichtiger ist mir ein Recht auf ein analoges Leben, wozu ich auch den Erhalt des Bargeldes zähle. Bestrebungen, mittel- bis langfristig das Bargeld abzuschaffen, lehnt die ÖDP ab.

Und zu guter Letzt: Der Digitalisierungs-Hype an unseren Schulen ist mir etwas suspekt. So warnen Bildungsforscher und Neurowissenschaftler beispielsweise vor den möglichen Folgen ausufernden digitalen Medienkonsums. Mindestens in Kindergärten und Grundschulen hat das nichts zu suchen, insofern halte ich auch ein Handyverbot zumindest an Grundschulen für richtig.

Journal LOKAL: vielen Dank für das Interview, Herr Rößler.