
LAUBENHEIM – Es war ein aufwendiges Projekt, das sich die Archivarin des Mainzer Stadtarchivs, Carola Bolte, vorgenommen hatte: das alte Laubenheimer Gemeindearchiv nach modernen Gesichtspunkten für die Forschung zu ordnen und für die Zukunft zu sichern. Rund zwei Jahre lang beschäftigte sie sich intensiv mit den noch vorhandenen Unterlagen. diese wurden gesichtet, bewertet und anschließend erschlossen und „verzeichnet“.
Resultat ist das „Findbuch VOA 13“, das der Ortsverwaltung sowie dem Heimat- und Verkehrsverein in den Räumen der AWO-Begegnungsstätte nun feierlich übergeben wurde. Und nicht nur Fachleute waren der Einladung des Stadtarchivs gefolgt: Die Anzahl der interessierten Bürger sprengte fast die Kapazität des Veranstaltungsraums. Mehr als 40 Laubenheimerinnen und Laubenheimer lauschten dem Vortrag mit zunehmender Spannung, fanden doch einige von ihnen Bezüge zu ihren Vorfahren, die in Laubenheim gelebt hatten.
Im Beisein der stellvertretenden Laubenheimer Ortsvorsteherin Gabriele Müller (Grüne), führte der Leiter des Mainzer Stadtarchivs, Prof. Wolfgang Dobras, mit einem Grußwort ins Thema ein, wobei ihm die Begeisterung über das Projekt deutlich anzumerken war. Der Leiter des Heimat- und Verkehrsvereins, Klaus-Dieter Rank, zeigte sich in seinem Grußwort ebenso angetan wie der Verantwortliche für die AG Historisches Laubenheim, Jupp Heck.

Das Findbuch selbst und die Möglichkeiten der Recherche für Forschende und Interessierte stellten mittels einer Präsentation Archivarin Carola Bolte und Kollege Uwe Bergmann-Deppisch, Öffentlichkeitsarbeit und Archivpädagogik, vor.
Das Findbuch gründet auf 528 Jahren Laubenheimer Geschichte. Es beginnt mit Unterlagen aus dem Jahr 1472 und nimmt 45 laufende Meter im Stadtarchiv ein. Carola Bolte erläuterte ihr Vorgehen zum Verzeichnen der Akten: „Jede Akte wird einzeln geprüft auf Datum, Inhalt, Besonderheiten und auf ihren Zustand. Ich entscheide, ob sie archivwürdig ist oder ,kassiert’ wird – also vernichtet. Aufbewahrt und aufwändig digitalisiert werden dann die Unterlagen, die eine historische Bedeutung haben.“
Uwe Bergmann-Deppisch führte das Publikum in die Möglichkeiten der eigenen Recherche ein: „Das Findbuch ist unter der Nummer VOA 13 online zugänglich im Mainzer Stadtarchiv registriert. So kann man bequem von eigenem PC aus Recherchen vornehmen. Zusätzliche Informationen bietet unsere umfangreiche Online-Datenbank. Am besten ist es, beide Systeme zu nutzen, um die besten Suchergebnisse zu erzielen.“
Um den Nutzen der Recherchemöglichkeiten unter praktischen Beweis zu stellen, erzählte Bolte die Geschichte der Laubenheimer Ortshebamme Elsa Wilhelmy, deren Leben von ihrer Geburt im Jahr 1900 bis circa 1958 verzeichnet werden konnte. Bolte: „Es gibt zwar immer Überlieferungslücken, nicht alle Unterlagen sind noch greifbar. Aber das Beispiel zeigt, wie viele Details ihres Lebens doch auffindbar waren – alles, was schriftlich dokumentiert und mir zugänglich war.“

Im Publikum entspann sich anschließend eine angeregte Diskussion. Einige Besucher hätten gern mehr über die Hintergründe von dokumentierten Verwaltungsentscheidungen in den späten 40er-Jahren gewusst. Was für ein Mensch war Elsa Wilhelmy tatsächlich? Genoss sie hohes Ansehen im Ort? Auch Nachfahren der Hebamme waren anwesend, die anboten, weitere Unterlagen zur Dokumentation vorzulegen. Dazu brachte sich die stellvertretende Ortsvorsteherin Gabriele Müller ein, die klarmachte, dass eine Archivarin natürlich nur die Unterlagen verzeichnen kann, die ihr konkret vorliegen. Müller machte deutlich, dass „emotionale und historische Zusammenhänge, die zu den damaligen Entscheidungen führten, nur auf anderen Wegen ermittelt werden können“.
Das Mainzer Stadtarchiv – und damit auch das Laubenheim Findbuch – steht unter www.mainz.de/kultur-und-wissenschaft, Rubrikseite Stadtarchiv zur Verfügung.
Sabine Longerich