Start Gesellschaft Sagenhafte Erzählungen mit lokalem Bezug Die Mobile Bücherei gastierte im Stadtteiltreff Gonsenheim

Sagenhafte Erzählungen mit lokalem Bezug Die Mobile Bücherei gastierte im Stadtteiltreff Gonsenheim

„Vorlesepate“ Martin Falk leitete die literarische Veranstaltung. Foto: Mandy Kramer

GONSENHEIM – Die Sage von der Jungfrau Loreley, die Legende des Mäuseturms von Bingen, die Erzählung von der Brautwerbung auf Schloss Rheinstein – kurzweilige, literarische Stücke mit lokalem Bezug luden dazu ein, in eine märchenhafte Welt „vor unserer Haustür” einzutauchen. Die sechste Runde der beliebten Vorlese- und Gesprächs-Veranstaltungsreihe der Mobilen Bücherei steht unter dem Motto „Vater Rhein erzählt: Märchen von Rittersleuten, Wassernixen und finsteren Schurken“ (wir berichteten).

Einer der insgesamt 27 Austragungsorte war der Gonsenheimer Stadtteiltreff. Im Rahmen des Frauenfrühstücks, welches jeden ersten Donnerstag im Monat allen interessierten Damen offensteht, hingen die zahlreichen Besucherinnen gebannt an den Lippen des „Vorlesepaten” Martin Falk. Da deutlich mehr Zuhörerinnen als erwartet kamen, wurde kurzerhand angebaut, um den Frühstückstisch zu vergrößern.

Der motivierende Einstieg animierte die Teilnehmerinnen sogleich dazu, über Geschichten ins Gespräch zu kommen, um sich über eigene Erfahrungen mit Märchen auszutauschen. Es fielen Namen bekannter Schriftsteller wie Hans Christian Andersen, Wilhelm Busch und die Gebrüder Grimm. Einige Frauen berichteten von großer Armut nach dem Zweiten Weltkrieg; in diesen Zeiten waren Bücher ein rares Gut. Viele erinnerten sich zudem an schöne Vorleseerlebnisse mit den eigenen Kindern und Enkeln. „Auch Musik schafft Erinnerungen”, betonte Martin Falk und haute beherzt in die Tasten des hauseigenen Klaviers. So wechselten sich lebhaft vorgetragene Märchentexte mit Gedichten, kleinen Rätseln und altbekannten Liedern ab. Bei den musikalischen Klassikern „Die alten Rittersleut”und „Hänsel und Gretel” stimmten alle Anwesenden freudig mit ein. Bekannte Märchenzitate zu vervollständigen wie „Ich bin so satt, ich mag kein Blatt” oder „Die Guten ins Töpfchen, die Schlechten ins Kröpfchen”, schien allen ein Leichtes zu sein. Großformatige Bilder mit sagenhaften Motiven sorgten für visuelle Eindrücke.

Das abwechslungsreiche Event bot Geschichten, Gedichte, Rätsel und Lieder zum Mitsingen. Foto: Mandy Kramer

Ein weiteres Highlight waren die Mainzer Sagen und Legenden. In der Erzählung „Der arme Fiedler unserer lieben Frau im Dom zu Mainz” meinte so manch eine Zuhörerin, das bekannte „Geigerfränzje” zu erkennen. Darüber hinaus lauschten die Besucherinnen der Geschichte des Mainzer Lumpenglöckchens, welches heute noch in der ältesten Mainzer Pfarrkirche St. Quintin schlägt. Der Geschichte nach sei die Glocke im 13. Jahrhundert von engagierten Frauen finanziert worden, um deren Ehemänner, die oft bis spät in die Nacht in Winzerstuben verweilten, nach Hause zu läuten.

Mit perfekter Betonung, Mimik und Gestik erweckte der leidenschaftliche Vorleser Martin Falk, der jahrelang beim NDR und SWR tätig war, die sorgfältig ausgewählten Erzählungen zum Leben. Seine mehr als 30-jährige Erfahrung als Hörbuchsprecher, seine jahrelangen Erfahrungen als Chorleiter sowie seine Tätigkeit als Rhetorik- und Sprechtrainer machten sich in jedem der professionell dargebotenen Sätze bemerkbar. „Das macht mir richtig Laune”, betonte der humorvolle „Vorlesepate”, der seine Zuhörerinnen begeisterte. So verging die literarische Stunde wie im Flug. Im Anschluss freuten sich die Teilnehmenden über die gestifteten süßen Teilchen des lokalen Unterstützers „Werner´s Backstube”.

Darüber hinaus stellte Falk das Konzept der Mobilen Bücherei vor, welche älteren Menschen in Kooperation mit der „Gemeindeschwester plus” umfangreiche Besuchs- und Vorleseangebote in den eigenen vier Wänden zur Verfügung stellt. Marlene Hammann, Organisatorin des Frauenfrühstücks und Initiatorin der Vorleseveranstaltung, war vor ihrer Rente selbst als Bibliothekarin tätig. Sie leitete die Stadtteilbücherei Gonsenheim mehr als 20 Jahre lang. Seit Corona sei das literarische Event die erste ausgetragene Veranstaltung im Rahmen des Frauenfrühstücks, betonte sie.

Colette Smeraldy, hauptamtliche Mitarbeiterin des Stadtteiltreffs Gonsenheim, erläuterte ergänzend die Signifikanz altersgerechter Angebote. So sei die „Arbeitsgruppe Alter in Gonsenheim” ein wichtiges Netzwerk für ältere Menschen, welche seniorenspezifische Themen aufgreift. Darüber hinaus haben Stadtteilbewohner auch immer die Möglichkeit, eigene Ideen einzubringen.

Mandy Kramer

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Als zugezogene Mainzerin schreibe ich seit Juni 2021 für Journal LOKAL - die lokale Zeitung und berichte größtenteils aus den Stadtteilen Gonsenheim und Finthen. Darüber hinaus mache ich auch gerne journalistische Abstecher in andere Mainzer Stadtteile, wie z.B. nach Drais, Mombach, Marienborn, Lerchenberg und in die Neustadt. Meine Themengebiete sind sehr vielfältig; ich berichte jedoch besonders gerne über naturverbundene Themen sowie über Kunst und Kultur. Neben meinem Studium der sozialen Arbeit verbringe ich meine Freizeit am liebsten in den Mainzer Naherholungsgebieten.