Start Kultur „Spirituoso Barock“ in Lörzweiler Barock-Star Ton Koopman leitet das Abschlusskonzert

„Spirituoso Barock“ in Lörzweiler Barock-Star Ton Koopman leitet das Abschlusskonzert

Barockorchester der Hochschule für Musik Mainz 2024. Foto: Emily Ryan

LÖRZWEILER – Unter dem Motto „Spirituoso Barock“ lädt die Hochschule für Musik Mainz zu einem Konzert der neuen Konzertreihe „Treffpunkt Musik“ ein. Sie ist in Kooperation mit der Evangelischen Kirchengemeinde Mommenheim-Lörzweiler entstanden.

Es musiziert das Barockorchester der Hochschule für Musik Mainz. Artist in Residence ist Ton Koopman, international renommierter Organist, Dirigent und Hochschulprofessor. Gemeinsam mit dem Dozententeam, unter anderem mit Professor Felix Koch und Markus Stein, bereitete der Niederländer die Studierenden vier Tage lang auf das Konzert vor.

Renommierter Organist, Dirigent und Hochschulprofessor Ton Koopman leitet das Barockkonzert in Lörzweiler. Foto: Marco Berggreve

Vor dem Konzerts sprach Journal LOKAL mit Professor Felix Koch. Er ist Professor für Alte Musik und Musikvermittlung an der Hochschule für Musik Mainz, Direktor des Collegium musicum Mainz und im Kirchenvorstand der evangelische Kirchengemeinde Mommenheim-Lörzweiler.

Journal LOKAL: Herr Professor Koch, was ist das Besondere an der neuen Reihe „Treffpunkt Musik“?

Felix Koch: Treffpunkt Musik ist eine neue Reihe, in der Studierende und Lehrende der Hochschule für Musik Mainz gemeinsam auftreten. Sie zeigt das breite Spektrum der Musikepochen und Musikstile – von der frühen Musik bis zum Jazz. Die Hochschule präsentiert sich in allen Ausbildungsbereichen: Gesang, Orchesterinstrumente, Klavier, Kirchenmusik und Jazz. Durch die Vielfalt der Ensembles entsteht ein vielseitiges Musikangebot in Lörzweiler und Mommenheim. Jedes Konzert wird von den jungen Musikerinnen und Musikern moderiert. Sie erzählen, was sie selbst an ihrer Musik begeistert. So entsteht ein intensives Konzerterlebnis für das Publikum.

Journal LOKAL: Warum haben Sie Lörzweiler als ersten Aufführungsort gewählt – was spricht für den ländlichen Raum?

Felix Koch: Ich lebe seit über zehn Jahren in Lörzweiler und erlebe das musikalische und kulturelle Mitmachangebot der Chöre, Orchester und Theatergruppen im Ort und in den Nachbargemeinden als große Bereicherung. Viele persönliche Kontakte und Freundschaften sind durch die Musik entstanden. Deshalb war ich sicher, dass dieses neue Konzertangebot hier auf großes Interesse treffen würde. Die ersten drei Konzerte, die sehr gut besucht waren, haben das bestätigt.

Journal LOKAL: Welche Rolle spielt die Kooperation mit der Kirchengemeinde Mommenheim-Lörzweiler?

Felix Koch: Die evangelische Kirchengemeinde Mommenheim-Lörzweiler, deren Kirchenvorstand ich im Bereich Musik angehöre, verfügt mit dem evangelischen Gemeindehaus in Lörzweiler und der evangelischen Kirche in Mommenheim über zwei schöne Aufführungsorte. Die Kirchenräume mit Leben zu füllen und sie allen Interessierten mit einem attraktiven Angebot zu öffnen, ist ein großer Gewinn für die Dorfgemeinschaft. Bei ausgewählten Konzerten laden wir im Anschluss zum Beisammensein ein. Darüber hinaus sind wir dankbar für die Kooperation mit der katholischen Pfarrei, die uns für größere Ensembles die katholische Kirche in Lörzweiler zur Verfügung stellt.

Journal LOKAL: Wie kam es zur Zusammenarbeit mit Ton Koopman?

Felix Koch: Ton Koopman ist der Hochschule seit über zehn Jahren eng verbunden. Neben Meisterkursen für Orgel war er mehrfach als Dirigent und Artist in Residence des Projekts „Barock vokal“ eingeladen. Vor drei Jahren hatten wir ein großes Projekt mit Orgelkonzerten von Händel und Carl Philipp Emanuel Bach, die von Studierenden der Kirchenmusikabteilung mit Orchester unter seiner Leitung gespielt wurden. Daraus entstand die Idee für ein Orchester- und Kammermusikprojekt mit ihm, das alle Instrumentalbereiche anspricht. Dass wir Ton Koopman, der weltweit als Spezialist für Alte Musik gilt, für ein Konzert in Lörzweiler gewinnen konnten, ist eine große Ehre.

Journal LOKAL: Was macht das Projekt aus Ihrer Sicht so innovativ, dass es vom Gutenberg-Lehrkolleg ausgezeichnet wurde?

Felix Koch: Das Projekt „SpirituosoBarock“ habe ich als Professor für Alte Musik im letzten Jahr mit meinen Kolleginnen und Kollegen der „Historisch informierten Interpretationspraxis“ ins Leben gerufen. Es richtet sich an alle Instrumentalstudierenden, die in einer viertägigen Probenphase unter professionellen Bedingungen ein Konzertprogramm erarbeiten. Dabei werden kammermusikalische Werke einstudiert, in denen alle mindestens einmal solistisch auftreten. In jedem Ensemble spielt eine Lehrkraft mit und steuert den musikalischen Prozess von innen. Die Proben erfolgen im Teamteaching, sodass mehrere Dozierende ihre Erfahrungen aus unterschiedlichen Perspektiven einbringen. Am Ende vereinen sich alle Studierenden und Lehrenden im Barockorchester und musizieren gemeinsam unter prominenter Leitung.

Journal LOKAL: Welche langfristigen Ziele verbinden Sie mit „SpirituosoBarock“?

Felix Koch: Die Musik des 17. und 18. Jahrhunderts folgt einem klaren Regelwerk, das viele Komponisten wie Johann Joachim Quantz, Leopold Mozart oder Carl Philipp Emanuel Bach beschrieben haben. Nikolaus Harnoncourt vergleicht das Erlernen dieser Musik mit dem Erlernen einer Fremdsprache – samt Vokabular und Grammatik. Musik als Klangsprache erlaubt Freiheit in der Interpretation, aber nur innerhalb bestimmter Regeln. Um spätere musikalische Entwicklungen zu verstehen, müssen sich Musizierende mit diesem Fundament beschäftigen, die Sprache lernen und in den Dialog mit anderen eintreten.

Journal LOKAL: Worauf darf sich das Publikum beim Konzert freuen – gibt es einen thematischen roten Faden?

Felix Koch: Das Konzert mit Werken des deutschen und italienischen Barock steht unter dem Motto „musikalischer Dialog“. Es reicht von klein besetzten Trios bis zum großen Orchester. In Bachs Konzert C-Dur treten zwei Cembali solistisch auf, in Vivaldis Konzert F-Dur vier Violinen, und in Telemanns Konzert D-Dur zwei Traversflöten zusammen mit großem Tutti. Dazu kommen eine Triosonate von Händel, eine virtuose Violinsonate von Veracini und ein Kammerkonzert von Pepusch mit Barockoboen und Traversflöten. Den Abschluss bildet eine Orchestersuite von Johann Bernhard Bach, die alle Mitwirkenden in Bewegung bringt.

Journal LOKAL: Ist die Reihe auf Lörzweiler beschränkt, oder sind auch Aufführungen an anderen Orten geplant?

Felix Koch: Die Reihe „Treffpunkt Musik“ ist zunächst auf die Gemeinden Lörzweiler und Mommenheim beschränkt. Erste Gespräche mit der Orgelkonzertreihe in Harxheim laufen. Wir möchten die Aktivitäten der Nachbargemeinden mit einbeziehen.

Journal LOKAL: Was bedeutet es für die Hochschule, auch im Umland präsent zu sein?

Felix Koch: Die Hochschule für Musik Mainz ist die einzige Musikhochschule in Rheinland-Pfalz und mit ihren Konzerten der größte Musikveranstalter im Land. „Treffpunkt Musik“ bringt Live-Konzerte auch zu Menschen, die nicht in die großen Kulturzentren fahren können. Diese Konzerte sind für unsere Studierenden ein ideales Übungsfeld, um sich auf das professionelle Musikleben vorzubereiten.

Journal LOKAL: Welche Bedeutung hat für Sie persönlich die Zusammenarbeit mit Ton Koopman?

Felix Koch: Ton Koopman zählt seit meiner Kindheit zu meinen großen Vorbildern. Mit seiner Gesamteinspielung aller Bach-Kantaten und der Werke von Buxtehude hat er Maßstäbe gesetzt. Jede Begegnung mit ihm ist prägend. Er sprüht vor Begeisterung und gibt diese an alle weiter. Für mich ist es eine besondere Ehre, im Konzert selbst im Orchester unter seiner Leitung mitzuspielen.

Journal LOKAL: Welche Botschaft möchten Sie mit diesem Projekt in die Region tragen?

Felix Koch: Musik ist eine Sprache, die alle verstehen. Klassische Musik ist kein elitärer Bereich, der nur einer kleinen, speziell vorgebildeten Gruppe vorbehalten ist. Mit verständlichen Worten und Begeisterung kann sie alle erreichen. Musik schafft ein Band zwischen uns, das uns gemeinsam stärkt.

Journal LOKAL: Vielen Dank für das Gespräch.

Das Interview führte Gregor Starosczyk-Gerlach