von D. Butzmühlen
OPPENHEIM – Unter diesem Titel referierte Volker Gallé auf Einladung des Oppenheimer Geschichtsvereins in Kooperation mit der Landeszentrale für politische Bildung am 26.09.18 im sehr gut besuchten Casino-Saal des Merian-Hotels in Oppenheim über die Revolution von 1848 und ihre Wirkung in Rheinhessen. Im Mittelpunkt seines Vortrags stand dabei Johann Paulsackel, 1805 in Armsheim geboren und nach Lehrerausbildung seit 1838 Lehrer an der katholischen Jungenschule in Oppenheim. In der Revolution von 1848 war er Mitglied des Oppenheimer Bürgerkomitees, dessen Antrag auf Einrichtung einer Gemeinschaftsschule allerdings vom Oppenheimer Stadtrat abgelehnt wurde. In den Landtag des Großherzogtums Hessen-Darmstadt wurde er als einer von 13 rheinhessischen und demokratisch eingestellten Abgeordneten mit 85 % der Stimmen im Wahlkreis Oppenheim gewählt, geriet aber in scharfen Gegensatz zum Großherzog, da er die Rechte des Parlaments ebenso wie die Rechte der Bürger verteidigte und die Einhaltung der 1816 garantierten „Rheinischen Institutionen“ (rechtliche Modernisierungen in Rheinhessen im Zuge der Französischen Revolution) einforderte. Nach dem Scheitern der Revolution wurde J.Paulsackel, dessen ältester Sohn wie weitere 62 Oppenheimer in der Pfalz für die Republik kämpfte, 1850 zusammen mit 142 anderen wegen Hochverrats in Mainz angeklagt, aber freigesprochen und dennoch aus dem Schuldienst entlassen. Die von ihm gegründete „Freie Schule“ in Oppenheim wurde im April 1850 trotz Paulsackels Beharren auf den verfassungsmäßig garantierten Rechten geschlossen, für ihn reine Willkür des Staates. Bis 1854 lebte er mit seiner Familie in Mainz, dann emigrierten sie in die USA, wo J.Paulsackel 1855 an Fleckfieber verstarb.
Dieser „Schulkampf“ lebte 1945 in der rheinland-pfälzischen Verfassungsdebatte wieder auf, in der die CDU und die katholische Kirche die Konfessionsschule durchsetzen wollten. In Rheinhessen war der Widerstand dagegen besonders ausgeprägt, was V. Gallé mit dem starken Einfluss der durch die französische Besatzung 1777 – 1814 erfolgten rechtlichen Neuerungen (Abschaffung des Feudalsystems, Rechtsgleichheit z.B.) erklärte, was allerdings die Niederlage des Liberalismus und den Sieg des Wilhelminismus nach 1871 nicht verhindern konnte.
In der abschließenden Diskussion wurde insbesondere thematisiert, wie Rechtspopulisten, die politische Begriffe („Wir sind das Volk“) missbrauchen und demokratische Traditionen zerstören, entgegengetreten werden kann und wie die Bedeutung von Grundrechten und Verfassungsordnung gegen Ohnmachtsgefühle und Zukunftsängste im Bewusstsein der Bevölkerung gestärkt werden kann, z.b. durch Mitarbeit und Mitsprache auf kommunaler Ebene.