NIEDER-OLM – Es sind die kleinen Veranstaltungen, die dem des rheinland-pfälzischen Verfassungsgerichts, Professor Dr. Lars Brocker, Hoffnung machen, dass die Demokratie in der Republik stark und wehrhaft bleibt. Veranstaltungen wie die Feierstunde 75 Jahre Grundgesetz im VG-Rathaus Nieder-Olm, zu der das Bündnis für Demokratie, Vielfalt und Toleranz geladen hatte. Rund 50 Gäste diskutierten im Ratssaal mit Brocker. Und der war hocherfreut: „So etwas gehört nicht nur auf die Festveranstaltungen in Berlin, sondern auch hierher in solche Runden. Das ein gutes Zeichen für die Resilienz der Verfassung.“
„Zivilen Verfassungsschutz“ nannte es der Präsident, wenn Menschen wie hier in Nieder-Olm sich einen Abend lang mit dem Thema auseinandersetzen und damit Wertschätzung zeigten. Wertschätzung für das Grundgesetz und die Demokratie ganz allgemein. Eine Wertschätzung, die heutzutage nicht mehr selbstverständlich ist. Vielmehr sei eine Erosion der Öffentlichkeit erkennbar, es gebe weniger Kompromissbereitschaft. Dabei sei es für eine funktionierende Demokratie nötig anzuerkennen, dass es neben den eigenen Interessen auch andere gibt: „Das muss dann ausgehandelt werden.“ Die im Grundgesetz verankerte repräsentative Demokratie, also die Volksvertretung in den Parlamenten über die Parteien, spiele eine wichtige Rolle dabei, die Ränder möglichst einzufangen: „So haben wir eine Verfassung der Mitte.“
Die Würde des Menschen ist oberstes Prinzip im Grundgesetz – und per Ewigkeitsgarantie fest verankert: Gesetze, die die Menschenwürde verletzen sind verfassungswidrig. „Der Staat ist um des Menschen Willen da, nicht der Mensch um des Staates Willen“, sagte Brocker. Das bringe Freiheitsrechte mit sich, die unmittelbar gelten und eingeklagt werden können. Aber, und das war ihm ganz wichtig: eingebunden in die Gemeinschaft. „Demokratie ist mehr als eine 50-Prozent-Mehrheit – es gibt die Rechtsstaatlichkeit, um auch Minderheitenrechte zu schützen.“
Das Nieder-Olmer Bündnis ist für Professor Dr. Lars Brocker ein Beispiel für Bildungsarbeit. Eine Bildungsarbeit, die sich gegen die weit verbreitete Politikverachtung stellt und von der sich auch der Staat nicht freimachen darf, um die Extreme von den Rändern einzuhegen und sich mit dem Grundgesetz als Gegenentwurf zur Ordnung der Nazis und der bis 1945 geltenden und damit eine Scheinlegalität bietenden Weimarer Verfassung entgegenzustellen. Welche Möglichkeiten aus dem Grundgesetz hierbei zielführend sind, sei nicht leicht zu beantworten: Ein Parteiverbot zum Beispiel habe hohe Hürden. Zudem müsse man auch immer die Folgen bei der Gefolgschaft mit bedenken, wenn eine Partei komplett vom politischen Geschehen ausgeschlossen wird. Anderes sei es aber beim Thema staatlicher Parteienfinanzierung: „Man muss die Feinde des Staates nicht auch noch füttern.“
Red