NIERSTEIN – In einer nennenswerten Initiative zur Bewahrung der Erinnerung an ein dunkles Kapitel der deutschen Geschichte hat der Geschichtsverein Nierstein in Zusammenarbeit mit dem Arbeitskreis Kornsand ein neues Informationsfaltblatt herausgegeben. Das Faltblatt dokumentiert die Historie und die Herausforderungen des Gedenkens an die tragischen Ereignisse vom 21. März 1945, als sechs Bürger – fünf aus Nierstein und einer aus Oppenheim – aufgrund ihrer Opposition gegen das NS-Regime von einem jungen Wehrmachtsoffizier am Kornsand, kurz vor der Befreiung durch die amerikanische Armee, ermordet wurden.
Seit dem Volkstrauertag 1954 dient ein Gedenkstein am Tatort als Mahnmal für die Opfer und als Warnung an die Lebenden, derartige Gräueltaten nicht zu wiederholen. Angesichts eines weltweiten Wiedererstarkens völkisch-nationalistischer Kräfte gewinnt diese Botschaft laut Jörg Adrian und Hans-Peter Hexemer vom Geschichtsverein Nierstein neue Bedeutung.
Das Gedenken an die Kornsandmorde, das mit der Exhumierung der Opfer im April 1945 begann und über die Jahre verschiedene Phasen durchlief, spiegelt die komplexe Auseinandersetzung mit der Vergangenheit wider. Der Text der Broschüre fasst die Zäsuren im Prozess zusammen: von den ersten Gedenkfeiern über die Differenzen bezüglich angemessener Formen der Erinnerung, bis hin zur kooperativen Veranstaltung im Jahr 1985. Erst 40 Jahre nach der Tat konnte sich ein dauerhaftes gemeinsames Erinnern etablieren, so dass die Geschichte des Denkmals zugleich die Mühen und Dissonanzen verdeutlicht, die mit der Geschichtsbewältigung verbunden waren und sind.
Mit dem neuen Faltblatt, das auch digital über einen QR-Code am Gedenkstein zugänglich sein soll, bieten die Initiatoren Einblicke in die lokalhistorischen Vorfälle, die über die beteiligten Kommunen und Vereine hinausgeht. Zugleich ermöglicht das tragbare Format des Flyers eine neue Form der Aneignung und Auseinandersetzung der Geschichte vor Ort.
red