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„Mit Gott ist immer zu rechnen“ Heike Corell ist die neue Pfarrerin in Hechtsheim

Heike Corell freut sich auf vielfältige Begegnungen vor Ort, sie ist seit März neue Pfarrerin der Evangelischen Kirchengemeinde Hechtsheim. Foto: Gregor Starosczyk-Gerlach

HECHTSHEIM – Heike Corell ist die neue Pfarrerin der Evangelischen Kirchengemeinde in Hechtsheim. Sie stellt sich im Gespräch mit Journal LOKAL vor.

Journal LOKAL: Frau Pfarrerin Corell, haben Sie schon viele Stationen als Pfarrerin hinter sich?
Heike Corell: Ich habe zunächst in einem ganz anderen Beruf gearbeitet – ich war Lehrerin für Mathematik und Religion an einer Gesamtschule in Eppstein im Taunus. Über zehn Jahre war ich dort tätig, bevor ich mich entschloss, noch einmal neu zu starten. Dann war ich in verschiedenen Gemeinden im Dekanat Ingelheim-Oppenheim tätig.

Journal LOKAL: Wie kam es zu diesem Berufswechsel?
Heike Corell: Ich habe berufsbegleitend Theologie studiert – im Masterstudiengang an der Universität Marburg. Das war in Form von Blockseminaren organisiert, da ich parallel weiterhin an der Schule unterrichtete. 2019 verlies ich die Schule – oder wie ich gerne sage: Ich habe „das Feld geweitet“. Auch als Pfarrerin gehört der Religionsunterricht zu meinen Aufgaben, nur eben aus einer anderen Rolle heraus.

Journal LOKAL: Was hat Sie zu diesem Schritt motiviert? Gab es einen konkreten Auslöser?
Heike Corell: Das war eher ein Prozess. Ich war schon immer auch ehrenamtlich kirchlich engagiert – in der Jungschararbeit, später in der Konfirmandenarbeit, auch als Prädikantin. Die Theologie hat mich immer gereizt, und irgendwann dachte ich: Warum nicht ganz wechseln? Ich war leidenschaftlich gerne Lehrerin, aber das Neue hat mich gereizt, und ich bin froh, diesen Weg gegangen zu sein.

Journal LOKAL: Gab es große Unterschiede im Arbeitsalltag?
Heike Corell: Die Arbeit als Pfarrerin ist anders – aber sie ist auch weiterhin Arbeit mit Menschen. An der Schule hatte ich mit Schülern, Kollegen und Eltern zu tun. Jetzt ist das Spektrum noch breiter, aber auch hier begleite ich Menschen in verschiedenen Lebensabschnitten. Insofern gibt es viele Parallelen. Der Unterschied liegt in der Vielfalt der Begegnungen. Aber der Kern bleibt: Menschen begleiten, da sein, zuhören. Das ist in beiden Berufen zentral.

Journal LOKAL: Wie ging es nach dem Theologiestudium weiter?
Heike Corell: Nach dem Studium habe ich mein Vikariat – das ist vergleichbar mit dem Referendariat im Schuldienst – in Gensingen-Grolsheim absolviert. Danach hatte ich meine erste Pfarrstelle im Binger Raum: zwei halbe Stellen in der Johanniskirchengemeinde und der Christuskirchengemeinde, jeweils mit mehreren Ortsteilen. Danach war ich kurz im Vertretungsdienst tätig. Die Gemeinden waren oft kombiniert, jetzt in Hechtsheim ist es etwas kompakter.

Journal LOKAL: Seit wann sind Sie in Hechtsheim?
Heike Corell: Seit dem 1. März. Der Umzug fand etwas später statt – die Kisten sind noch nicht alle ausgepackt. Ich teile mit hier einer Kollegin eine volle Stelle. Zusätzlich sind wir im sogenannten Nachbarschaftsraum organisiert – das ist ein Strukturprozess innerhalb unserer Landeskirche, bei dem es geht darum, Gemeinden stärker zu vernetzen und Ressourcen gemeinsam zu nutzen. Er ist Teil der Initiative „ekhn2030“, mit der die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau auf veränderte Rahmenbedingungen – weniger Mitglieder, weniger Personal, weniger finanzielle Mittel – reagiert. Was das genau für unsere Arbeit bedeutet, ist zum Teil noch offen und entwickelt sich gerade erst.

Die Pfarrerin will neue Akzente setzen – mit klassischen und alternativen Gottesdienstformen sowie gesellschaftlichem Engagement. Foto: Gregor Starosczyk-Gerlach

Journal LOKAL: Was sind Ihre ersten Eindrücke von der Gemeinde Hechtsheim?
Heike Corell: Sehr offen und engagiert. Ich bin noch dabei, die Menschen kennenzulernen, die Strukturen zu verstehen. Aber ich war schon bei ersten Gottesdiensten, beim Mitarbeitenden-Dankabend, und ich erlebe viele Begegnungen – ob in der Kita, bei Gremien oder bei Veranstaltungen. Es passiert viel in dieser Gemeinde.

Journal LOKAL: Könnten Sie Beispiele nennen, wo Sie Gestaltungsspielraum sehen?
Heike Corell: Ich kann mir gut vorstellen, alternative Gottesdienstformate zu entwickeln – interaktiver, mit anderen liturgischen Schwerpunkten. Vielleicht auch mal ein Gottesdienst mit mathematischem Bezug – „Mit Gott ist immer zu rechnen“, so in der Art. Aber ich möchte auch die klassischen Formen bewahren, denn sie geben vielen Menschen Halt und Verlässlichkeit.

Journal LOKAL: Was trägt Sie persönlich in Ihrer Arbeit?
Heike Corell: Mein Glaube. Der ist unabhängig von der äußeren Struktur der Kirche. Ich schöpfe Kraft aus den Psalmen – ihren alten, poetischen Texten, in denen alle Gefühle Raum haben: Lob, Dank, Klage. Musik spielt für mich eine große Rolle – Lieder tragen mich, emotional und spirituell. Ich selbst habe die Erfahrung gemacht, getragen zu sein – gerade auch in schwierigen Zeiten. Diese Erfahrung möchte ich weitergeben.

Journal LOKAL: Wie sehen Sie das gesellschaftliche Engagement der Kirche hier vor Ort?
Heike Corell: Da ist viel Potenzial. Die Kita zum Beispiel mit 95 Kindern ist ein großer Bereich. Auch die Initiative „Willkommen in Hechtsheim“ ist ein Ausdruck gesellschaftlicher Verantwortung. Ich möchte schauen, wie wir Menschen erreichen können, die bisher wenig Berührung mit der Kirche haben – sei es über kulturelle Angebote, Beteiligung an dörflichen Festen oder soziale Themen wie Einsamkeit, die uns alle betreffen.

Journal LOKAL: Was wünschen Sie sich für Ihre Zeit in Hechtsheim?
Heike Corell: Ich möchte ankommen, gestalten, mich einbringen – und hoffentlich auch länger bleiben. Ich habe mir diese Stelle bewusst ausgesucht, weil ich Lust auf die Aufgaben habe und weil ich glaube, dass ich hier etwas beitragen kann.

Journal LOKAL: Vielen Dank für das Gespräch.

Das Gespräch führte Gregor Starosczyk-Gerlach