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Als der Himmel über Mainz brannte Trauergeläut und Sonderausstellung erinnern an eine zerstörte Stadt

Kurator der Ausstellung, Museumsdirektor Dr. Winfried Wilhelmy. Foto: Bistum Mainz/Hoffmann

ALTSTADT – Zum 80. Jahrestag der Bombardierung von Mainz im Zweiten Weltkrieg erinnert das Mainzer Dom- und Diözesanmuseum mit einer Sonderausstellung an die Zerstörungen von 1945. Unter dem Titel „Vom Bombenkrieg gezeichnet. Vergessene Fragmente erzählen Geschichte“ werden beschädigte Kunstwerke präsentiert, die einst das Stadtbild prägten.

Hörbar für die Mainzerinnen und Mainzer wird die Erinnerung an die schreckliche Bombardierung vom 27. Februar 1945 auch durch das ökumenisches Trauergeläute. Wie das Bistum Mainz mitteilt, erklingen nicht die Vollgeläute der Innenstadtkirchen, sondern nur die tiefsten Glocken jedes Geläuts – ein bewusst gewähltes Zeichen des Trauers.

Das Gedenken beginnt erneut um 16.25 Uhr mit einem Vorläuten der Kirche St. Quintin. Ab 16.29 Uhr, dem Zeitpunkt des Luftangriffs auf Mainz, setzen nacheinander die Glocken von St. Peter und der Christuskirche sowie die Geläute der Karmeliterkirche, St. Bonifaz, Antoniuskapelle, Altmünsterkirche, St. Klara-Kapelle, St. Quintin, Dom, Augustinerkirche, St. Ignaz und St. Stephan ein. Gegen 16.45 Uhr verklingt das Läuten – in Erinnerung an das Ende des verheerenden Angriffs. Aufgrund laufender Bauarbeiten bleibt die evangelische Johanniskirche in diesem Jahr stumm.

Den Eindruck der verheerenden Zerstörung der Stadt hielt in seinen Memoiren Jockel Fuchs fest. Der später sehr beliebte Oberbürgermeister von Mainz, der als 25-Jähriger auf dem Gefangenentransport ins Lager nach Bretzenheim bei Bad Kreuznach Mainz passierte, schrieb in „Mainzer Jahre schöne Jahre“: „Auch beim Verlassen von Mainz sahen wir Trümmer über Trümmer. Schrecklich, dieser Anblick, deprimierend, hoffnungslos. Armes Mainz, mußt du und müssen deine Bewohner gelitten haben!“

Die Spuren der Erfahrung nimmt die Sonderausstellung im Diözesanmuseum auf: herabgestürzte Hausmadonnen, zerbrochene Portalfiguren, demolierte Wappensteine und zerschmolzene Goldschmiedearbeiten. Diese Fragmente entdeckten Museumsdirektor Dr. Winfried Wilhelmy und sein Team bei der Sichtung der Depots. „Gerade heute, wo der Krieg wieder nach Europa zurückgekehrt ist, sollten wir auf die Mahnung dieser Fragmente hören: Nie wieder Krieg!“, betonte Wilhelmy im Vorfeld der Ausstellungseröffnung.

Besondere Höhepunkte der Ausstellung sind eine geschmolzene neugotische Bleimaske des Mainzer Doms, Alabasterfiguren barocker Grabdenkmäler aus St. Christoph und der erstmals wieder aufgebaute sechs Meter hohe Hochaltar der Emmeranskirche aus der Zeit um 1630, der lange als verschollen galt.

Museumsdirektor Wilhelmy hebt die Bedeutung der Ausstellung hervor: „Die hier gezeigten Kunstwerke waren einst schön. Diese Schönheit haben sie in den Bombennächten verloren. Zerbrochen und vom Feuer gezeichnet sind sie nun hässlich – hässlich wie der Krieg selbst.“ Mit der Ausstellung wolle das Museum zum Nachdenken anregen und an die verheerenden Folgen des Krieges erinnern. Ein Film aus dem Jahr 1935, der die unzerstörte Altstadt zeigt, ergänzt die Präsentation.

Die Schau findet im Rahmen des 100-jährigen Jubiläums des Bischöflichen Dom- und Diözesanmuseums Mainz statt und ist ab Mittwoch, 26. Februar, für Besucher zugänglich. Bis zum 27. Juli können auf 500 Quadratmetern 90 unrestaurierte Skulpturen, Gemälde und Grafiken in „Werkstattcharakter“ auf Paletten besichtigt werden. Ergänzend dazu zeigen 80 großformatige Fototafeln die Kunstwerke in ihrem ursprünglichen Zustand vor dem Krieg.

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Ich schreibe und fotografiere seit 2013 für Journal LOKAL. Die Begeisterung für die Lokalmedien entdeckte ich während des Studiums der katholischen Theologie und habe seit 2007 für Lokalzeitungen, öffentliche Einrichtungen und Online-Medien gearbeitet. Mich fasziniert der wunderbare Alltag. Unterwegs bin ich für Themen in Rheinhessen rund um Mainz.