HECHTSHEIM/EBERSHEIM – „Hast Du zu Hause Heu und Stroh?“ Unter anderem mit dieser so überraschend betitelten Werbeaktion für Heiligabend spüren die Christen der katholischen Pfarrgruppe Hechtsheim und Ebersheim der Weihnachtsbotschaft im Corona-Winter nach. „Auf Heu und Stroh im übertragenen Sinne sind wir ja nicht gerade stolz. Es sind Reste, etwas, das in der Ecke liegt und womit wir nichts anfangen können“, sagt der katholische Pfarrer der Doppelgemeinde, Tobias Geeb. „Doch es könnte sein, dass Gott gerade solche scheinbar unbrauchbaren Dinge benötigt.“
Angesichts der coronabedingten Regeln tritt die Kirchengemeinde zusätzlich zu den regulären Gottesdiensten vor die eigene Pforte und bringt Bethlehem in beide Mainzer Stadtteile. Neun Stationen in Hechtsheim und sieben in Ebersheim können Familien an Heiligabend aufsuchen und „im Vorbeigehen entdecken, dass Gott an Hecken und Zäunen, auf einer Wiese und an anderen Orten zu finden ist“. Die Plätze, die auf der Homepage der Kirchengemeinde nachzulesen sind, können zwischen 15 und 18 Uhr besucht werden.
Doch wie passt der Abstand, der derzeit allen verordnet ist, mit dem Weihnachtsfest, in dem Gott den Menschen nahe kommt, zusammen? „Wir müssen alle nach neuen Wegen suchen, um den Gegensatz zu überwinden“, sagt Geeb. Weihnachten sei ein Fest, „in dem Gott, das Kind in der Krippe, von uns eigentlich in den Arm genommen werden will“. Er sei nicht ansteckend im Sinne der Gefährlichkeit, sondern „er will uns mit der Freude anstecken, dass wir von ihm geliebt werden“. Er beobachte, sagt der Geistliche, dass die grundsätzliche Freude darüber, „dass uns eine Person nahe ist, derzeit größer zu sein scheint, als sie vorher war“. Den Impuls gelte es aufzugreifen. „Dass uns jemand auf die Schulter klopft oder uns in den Arm nimmt, ist nicht selbstverständlich.“
Zur Überwindung der Gegensätzlichkeit könnte die Weihnachtsgeschichte motivieren, meint der Pfarrer. „Darin bleibt nichts beim Alten. Alle Protagonisten sind in Bewegung.“ Es herrscht keine „stille Nacht“, vielmehr Aufbruchsstimmung. Kaum erreichen Josef und die schwangere Maria Bethlehem, da müssen sie schon die Flucht nach Ägypten ergreifen. Auch die Hirten, die Engel und die Weisen aus dem Orient befinden sich auf dem Weg. „Aus der Perspektive der biblischen Geschichte können wir neue innere Kräfte mobilisieren.“ Um beispielsweise den Mut aufzubringen, jemanden anzurufen, den man lange nicht mehr kontaktiert habe. „Wir können zwar nicht überall hinreisen und andere besuchen, aber der kurze Weg zum Telefon, ein paar Briefzeilen oder ein Chat mit dem Smartphone helfen uns, innerlich beweglich zu bleiben.“ In der Angst, die die Pandemie verursacht, stelle sich zudem diese Frage, sagt Geeb: „Bin ich angesichts der beängstigenden Zeit, in der alles Gewohnte anders daherkommt, alleine da?“ Er fährt fort: „Manchmal halten wir uns an Strohhalmen, aber sie halten uns nicht. Weihnachten lädt uns, denke ich, dazu ein, den zu sehen, der in allen geknickten Strohhalmen liegt und uns nahe ist: Gott.“