FREI-WEINHEIM – Auf dem Hafenfest in Frei-Weinheim überwiegt am Festsamstag die Gemütlichkeit. Sie ist der Grund dafür, dass ich nachdenklich werde. Doch warum, frage ich mich beim Schlendern von Bühne zur Bühne. „The Late Guys“ geben gerade den heiteren Pop-Song „Wake me up, before you go go“ von „Wham!“ zum Besten. Unvermutet erwachen in mir die Erinnerungen an die Pandemie. Warum muss ich an Corona denken?

Da war doch was. In Frei-Weinheim hat die Stadt zur Zeit der gelockerten Hygienevorschriften die ersten Versuche einer neuen Normalität gewagt. Die Erinnerung daran schiebt sich vor mein inneres Auge wie ein Kleinbild-Dia: Es wurde ein Hafenfest mit großen Abständen und dem Zugang mit einem Armbändchen, das man am Einlass bekam.

Die Pandemie ist vorbei, doch scheinen einige Ideen, die damals als Neukonzept erprobt worden sind, sich für die Gegenwart bewährt zu haben. Beispielsweise ist die Geräumigkeit auf dem Festgelände geblieben und viel Platz für alle da. Auch die Illumination entzückt wieder: Die Strahler auf dem Pfad am Rheinufer tauchen die Bäume in blaues Licht. Anderes ist ein bisschen besser geworden: Statt umgedrehter Holzkisten locken heute gemütliche Liegestühle und andersartig Sitzgelegenheiten zum Verweilen. Kaum eine von ihnen ist noch frei. Man trinkt Wein, unterhält sich oder schaut sich auf dem Künstlermarkt um.

Doch es ist auch Neues hinzugekommen. Etwas, das nicht die Organisatoren, sondern die Besucher mitbringen. Es scheint mir, als wären die Gelassenheit und Besonnenheit ein wichtiger Teil des Hafenfestes geworden.

Vor der Hauptbühne tanzen Frauen und Männer in besten Jahren. Der Band auf der Leinpfadbühne spendet das Publikum einen ebenso warmen Applaus. In der Chill out-Zone, die das Jugendzentrum „Yellow“ betreut, legt der DJ coole Musik auf. Von Hektik findet sich am Festsamstag keine Spur. Sogar die Teenies geben sich zahm. Legen die Menschen nun mehr Wert auf die Qualität eines Spaßevents? Vielleicht deshalb suchen manche am Abend die Ruhezonen am Wasser auf.
Von der gepflasterten Uferpromenade aus blicken einige Festbesuche auf den Fluss und genießen das Rheinpanorama. Die Musik vom Rummelplatz kommt hier nur gedämpft an. Die Kinder winken den vorbeieilenden Booten und Schiffen zu. Könnte es sein, dass das Hafenfest in Frei-Weinheim mit der Gemütlichkeit auch neue Qualität gewonnen hat?
Gregor Starosczyk-Gerlach