
ALTSTADT – Wenn dir jemand Zitronen schenkt, mache daraus Marmelade. Mit Ratschlägen für einen genießbaren Alltag reist derzeit das Duo Mackefisch durch die Republik. Lucie Mackert und Peter Fischer machten Station in Mainz und stellten im Unterhaus eine Handreichung vor, die dem Publikum als „Komplizirkus“ verkauft wurde. In einem feinsinnigen und pointierten Bühnenprogramm pendelten Mackefisch zwischen Konzert, Kleinkunst und einem Hauch des politischen Kabaretts: sie mit der Gitarre oder dem Banjo, er auf dem Piano mit elektronischen Gameboy-Sounds, dazu die Stimmen, die den Sinn des Titels nach und nach entschlüsselten. Die Show setzte den Allerweltproblemen genauso wie globalen Krisen eine Clownnase auf. Warum? Für die Marmelade eben. Oder um über den ganzen Mist, der einen manchmal so bedrückt, auch mal zu schmunzeln – oder, was viel besser ist, darüber komplett hinwegzusehen.
Entwirrte der knapp zweistündige Unterhaltungsabend alle Komplikationen? Um Gottes willen, nein. Der kabarettistische Blick der beiden war dennoch interessant. „Mein potenzieller Enkel – wer weiß, was das für ein Typ ist. Vielleicht wird der ein Ego-Schwein, der all das nicht verdient.“ Damit meinten Mackert und Fischer die eigenen Anstrengungen zum Klimaschutz. „Für diese faule Sau sollen wir uns heute auch noch beschränken?“ Bis zum zirkusreifen Salto rückwärts: „Womöglich ist der kleine Arschkeks für uns wie ein Spiegel. Der potenzielle Enkel ist vielleicht gar nicht so übel.“
Die Zwei-Personen-Band ist Gewinner zahlreicher Auszeichnungen. Dazu zählen der Kleinkunstpreis „St. Ingberter Pfanne“, der Kleinkunstförderpreis Baden-Württemberg und der Kabarettpreis „Mindener Stichling“.
Mit der Protestballade „Warum ist das so?“ listeten die Pfälzerin und der Münchner einen ironischen Fragenkatalog über die Alltagsrätsel, gesellschaftliche Ungleichheiten und politische Absurditäten auf – mit Ohrwurm-Potenzial. „In Sport und Spielen, da geht es nicht, dass irgendjemand die Regeln bricht. Nur wenn einer fair spielt, sagen wir: Der kann das. In Politik und Wirtschaft ist das anders.“ Man schaue sich mal Washington an: „Fairplay bringt einen nicht so gut voran.“
Apropos Vorankommen: Mackefisch („Ja, wir sind ein Paar.“) halten der Bahn die Treue. Von Spielstätte zu Spielstätte schleppen sie ihre Koffer mit, die all die Bühnenutensilien beherbergen und die Mackert als Schlagzeuginstrument einsetzt. Die künstlerische Gegenleistung: Die Bahn bleibt bis auf eine Bemerkung („Wir hatten nur eine Stunde Verspätung.“) verschont. Andererseits zeigt die Haltung der bahnfahrenden Minimalisten das Rückgrat hinter der grünen Botschaft. Klimaschutz stellt ein großes Anliegen dar, dem sie sich verschreiben. Sie tun es recht vornehm, ohne den erhobenen Finger, beim Lied: „Die Freiheit lasse ich mir nicht nehmen / von denen.“
Trotzdem stolpert der Zuhörer über die Verse: „Es wird jedes Jahr heißer da draußen. / Es sieht aus, als ob wir Richtung Backofen brausen. Doch wozu haben wir unsere Klimaanlagen / und mit 200 über die Autobahn jagen?“
Um das Potenzial des Duos zu erkennen, empfiehlt es sich, das Paar auf der Bühne mindestens noch einmal zu treffen. Bei Themen zu Baumwollbeuteln als Gesellschaftsanalyse und einem schrägen Blick auf Konsum, Umwelt und Geschlechterrollen jonglierte das Paar mit Wortwitz, Musik und Gesellschaftskritik. So wollte auch das Unterhauspublikum mehrere Zugaben hören. Vielleicht, um die Rezeptur für die Zitronenmarmelade zu verinnerlichen, die ebenso klug wie komisch klang. Wer da war, fand die Manege im Komplizirkus allem Anschein nach recht unterhaltsam.
Gregor Starosczyk-Gerlach