KASTEL – Der engagierte Heimatforscher Klaus Lehne konnte am 22. Januar auf der großen Empore des Automuseums Startimer, 70 interessierte Gäste aus der Region begrüßen.
Die Flößerei am Zusammenfluß von Main und Rhein hatte bekanntlich eine Jahrhunderte alte Tradition. In der Blütezeit dieses Gewerbes, das in Kostheim wie in Kastel zur Geschichte der Gemeinde gehört, wanderten jährlich rund sechs Millionen Festmeter Holz den Main und den Rhein abwärts.
Das mit viel Akribie ausgestattete Referat von Klaus Lehne war auch mit historischen Bildern vom Kasteler Floßhafen, eines Floßschleppers aus dem frühen 20. Jahrhundert. Längsschnitte von Flößen, sowie seltene Holzstiche, aus dem 18. Jahrhundert belegt. Anschaulich konnte der Heimatforscher mit seiner Zeitreise in Bann ziehen:
Der mächtige Bug des Ostindienfahrers pflügt sich im Jahre 1543 durch den Indischen Ozean. Im gewaltigen Bug des holländischen Schiffes stapeln sich Pfeffer und andere wertvolle Gewürze aus Indien. Es geht zurück in die Heimat, in die Niederlande.
Zu gleichen Zeit schiebt sich ein riesiges, grob zusammengefügtes Floß den Rhein hinab Richtung Nordsee, den Niederlanden. Ein primitives Gefährt, ohne das die erfolgreiche Händlernation buchstäblich auf den Trockenen sitzen würde. Die Niederlande hatten sich zu einer Seehandelsnation entwickelt und dazu benötigten sie Schiffe. Und für den Bau der Schiffe benötigte man Holz, Holz das nicht in den Niederlanden wuchs, sondern in den deutschen Wäldern.
Wo kam das benötigte Holz her, wie gelangte es nach Kastel, wie wurde das Floß zusammengebaut, welche Mannschaft war notwendig, wieviel Mannschaft benötigte man und mit welchen Werkzeugen wurde gearbeitet. Über all dieses handelte das Referat, was mit vielen Bildern, die auf eine große Leinwand projiziert waren, ergänzt wurde.
Viele Fragen wurden zwischenzeitlich gestellt, die auch sofort durch den Referenten beantwortet wurden. Dies bewies auch, dass man mit großem Interesse dabei war.
Weiter ging es mit der Floßfahrt. Wie wurde das Floß in der Rheinströmung gehalten? Hindernisse wie Felsen und Sandbänke wurden durch die Mannschaft, die bei den großen Holländerflößen bis zu 500 Mann betrug, gekonnt umfahren. Hierzu wurde der Rudermannschaft und den Ankerknechten, die mit ihren Nachen die Anker ausfuhren, ein großes Können zuerkannt. Butter, Brot, Fleisch wurden in großen Mengen in der Vorratshütte des Floßes gelagert. Fassweise wurde Bier auf das Floß gebacht, wobei jedem Flößer täglich bis zu 5 Liter zustanden.
Bevor die nicht gefahrlose Reise begann, machte jeder Flößer sein Testament und ging zur Beichte. Der Zöllner aus Andernach bestieg das Floß und bestimmte bei einem Gläschen Rheinwein den zu entrichtenden Zoll. Die Mannschaft nahm ihren zuvor bestimmten Platz ein und die Zeremonie kurz vor dem Ablegen erfolgte. Ein Kanonenschuss zerriss die Stille, ein Zeichen dass das Floß ablegte. Zuvor wurde der Warschaunachen zu Wasser gelassen und warnten mit seiner karierten schwarzroten Fahne den Schiffsverkehr. Dass sich ab dem Ende des 19. Jahrhunderts für private mitreisende Gruppen eine Mitfahrt mit dem Floß sich großer Beliebtheit erfreute, belegten viele Bilder. Wegen des zunehmenden Schiffsverkehrs mussten die Flöße immer kleiner gehalten werden. Das letzte Floß wurde 1964 auf Reise geschickt.
Mit der Ankunft in Dordrecht in den Niederlanden, der Demontage des Floßes und dem Verkauf des Holzes sowie anschließender Heimkehr endete das Referat.
Im Anschluss führte der Eigentümer des Automuseums, Herr Khaled Ezzedine, durch das Museum Startimer mit vielen ausgestellten Oldtimer- Luxus- Limousinen und beantwortete die gestellten Fragen.
Herbert Fostel