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„Die Ehnerts“ sezieren den Ehealltag zwischen Humor und Wahnsinn Humorvoller Schlagabtausch im Unterhaus

Jennifer und Michael Ehnert in ihrer bitterbösen „Scheidungsshow“ – ein Höhepunkt des Abends, der zwischen Satire und Liebeserklärung pendelte. Foto: Gregor Starosczyk-Gerlach

MAINZ – Lässt sich ein zweistündiges Kabarett-Programm dem Thema Ehe widmen? Jennifer und Michael Ehnert können das. Das Hamburger Ehepaar verwandelte im Mainzer Unterhaus ihr Ehe-Leben in ein Bühnenkunstwerk – und das Publikum in Mitspieler. „Wir machen das hier zusammen. Das ist kein Fernsehen, wir sehen euch auch“, erklärten sie zu Beginn. Mit selbstironischen Geständnissen nahmen sie die Zuschauer mit auf eine Reise.

Hand in Hand betraten die Zwei die Bühne, stellten sich vor und ließen sofort einen Redefluss entstehen. Mal im Monolog, zumeist im Zwiegespräch. „17 Jahre verheiratet – das muss man auch erstmal schaffen“, bekannte Jennifer Ehnert. „Auch wenn ich sicher bin, einige von euch toppen das locker.“ Die Ehnerts boten verschiedene Perspektiven – von der ersten Begegnung bis zur „Scheidungsshow“ im Finale. Neben ihrer Arbeit in Film- und Fernsehproduktionen, wie „Tatort“ und „Notruf Hafenkante“, ist das Kabarett ihr Zuhause. „Das hier ist nicht einfach nur Comedy – wir machen auch Theater, manchmal fast schon politisches Kabarett“, sagte Michael Ehnert im Plauderton. Sie setzten diesen Anspruch mit Dialogwitz und feinem Schauspiel um.

Ihr Programm, „Zweikampfhasen“ ist nicht wegen der Thematik wohl aber wegen des unzensierten Vokabulars, das hin und wieder zum Einsatz kommt, für Zuschauer ab 18 Jahren zugelassen. Das sei an der Stelle vermerkt. Denn natürlich kommt das Eheleben nicht ohne Leidenschaft aus und auch an Sex nicht vorbei. Auf der Bühne wird daraus – ohne dass Behelfsutensilien zum Einsatz kommen – beispielsweise der Besuch bei einer Therapeutin. Da tritt Jennifer Ehnert in der Rolle der „Prostatuierten Olga“ auf: „Das ist duch Studien eindeutig nachgewiesen – Männer wie er bekommen alle 14 Tage gratis einen von der Kasse bezahlten Prostatatag“, witzelte sie.

Immer wieder spielten die Ehnerts mit Rollenbildern. Sie ironisierten patriarchale Strukturen und streuten popkulturelle Anspielungen ein. Dabei spannten sie den Bogen von „Sex and the City“ bis zur griechischen Mythologie. Mit sichtbarer Spielfreude führten sie ihre privaten Konflikte auf. „Vielleicht hätte ich doch lieber in Amerika bleiben sollen. Vielleicht wäre Clooney der bessere Nachname gewesen“, ätzte Jennifer. Michael konterte trocken: „Ja, und ich hätte mir einen zweiten Espresso bestellt.“

Im zweiten Teil zog das Tempo an. Das Bühnenlicht wechselte zwischen ihr und ihm. Einer der Höhepunkte: Michael Ehnert spielte einen Ex-Freund aus Jennifers New Yorker Zeit, überhäufte sie mit englischen Floskeln – und das Publikum mit Lachern.

Danach bat er um Applaus: „Jetzt können Sie klatschen, dann kann ich durchatmen.“

Das Finale nahm dramatische Züge an: Mit der „Scheidungsshow“ stilisierten sie ihre Ehe zum letzten Paar der Welt – eine Satire auf das mediale Ausschlachten von Privatem. Am Ende stand weniger ein klares Bekenntnis als vielmehr eine bittersüße Einsicht: „Zusammen zu spielen, war das Letzte, was uns noch verbunden hat.“ Doch trotz aller Sticheleien blitzten immer wieder Blicke auf, die zwischen ihnen funkelten. Ein Stück weit auch eine Liebeserklärung. Oder, wie sie selbst sagen: „Was auch geschieht – ich werde dich lieben bis zu meinem Sterbetag.“

Das gespielte Drama wurde ein unterhaltsamer Abend, der zeigte: Komik kann vieles – auch der Liebe einen roten Teppich ausrollen.

Gregor Starosczyk-Gerlach