MOMBACH – Bombenstimmung herrschte in den dicht besetzten Reihen der Eintrachthalle. Die „Mainzer Carneval-Gesellschaft 1953 – Maletengarde“ hatte zur diesjährigen Kostümsitzung geladen. Pünktlich um 19.33 Uhr nahm das Komitee, eskortiert von der Mombacher „Bohnengarde“ und begleitet von Abordnungen zahlreicher Fastnachtskorporationen, seine Plätze ein.
Gleich beim ersten Programmpunkt schnellte die gute Stimmung von 50 auf 150 hoch. Die Gebrüder Andreas und Matthias Bockius heizten dem Publikum mit ihren Hits kräftig ein. Weit über die Stadtgrenzen als „DobbelBock“ bekannt, gewannen sie zum dritten Mal den SSC Song Contest 2024 für den Ortsteil Mombach.
Dann stieg ein Nachbarsbub Max Bohland in die Bütt. Als Messdiener machte er sich über das Breitenwachstum des Obermessdieners lustig, gab seine Erfahrungen als Praktikant zum Besten und sorgte sich um das Bestehen seiner Kirche: die müssten heller werden mit mehr modernen Liedern. Die Pfarrer sollten auch gleichgeschlechtlichen Paaren ihren Segen spenden und auch Frauen im Priesteramt zugelassen werden.
Wunderschön anzusehen war die Showtanzformation des Karnevalvereins „Die Römer“ aus Ebersheim. In glitzernden Kostümen und mit Kamera und Fernglas ausgestattet tanzten „Las Romanas“ eine im wahrsten Sinne des Wortes atemraubende Safari. Unter Leitung von Annika Schwarz gelangen ihnen akrobatische Höchstleistungen.
77 Jahre jung, seit 60 Jahren Aktiver und seit 50 Jahren in der Bütt wollte er eigentlich schon aufhören. Doch angesichts des Streitens und Zögerns in der Berliner Politik entschloss sich Horst Radelli, die Partei JWU – Jetzt Wird Uffgeräumt zu gründen. Dort bekleidete er das Amt des Ministers des Äußeren, Inneren und für Drumherum. Sein Credo: die Deutschlandflagge dulde keinerlei Rassenhass und Fremdenfeindlichkeit. Sie stehe für Toleranz. Für seinen nachdenklich-pointierten Vortrag erntete er viel Zwischen- und langanhaltenden Schlussapplaus.
Dass sie allesamt durchtrainierte Freizeitsportler sind, bewiesen einmal mehr die „Mainzer Klinikathleten“ unter der Leitung von Lothar Schlömer. Als Personenschützer verkleidet bauten sie zu fetziger Musik menschliche Pyramiden bis unter die Hallendecke. Sogar das Komitee mit Sitzungspräsident Ralf Ruthard und seiner rechten Hand Christian Rehm hielt es nicht mehr auf ihren Plätzen.
Den Narrenspiegel hielt ein Oberkellner der Lokalpolitik vor. Zur Behebung der mangelhaften Verkehrsplanung empfahl er einen Blick nach Wiesbaden. Die Berechtigung eines Hotels am Anfang der Kaiserstraße stellte er außer Frage. Man müsse einmal übernachten, um die Rheinallee zu erreichen. Und die Parkgesellschaft PMG buchstabierte er als „Preise Maximal Gehoben“. Schließlich stellte Axel Zimmermann fest, dass die Stadt Mainz endlich begriffen habe, in die profitable Fastnacht auch etwas investieren zu müssen.
Mit Akkordeon, Gitarre und dieses Mal Ukulele bewarben sich die drei „Altrheinstromer“ bei Bundestrainer Nagelsmann. Natürlich durften „Echte Meenzer“ und „Lieber dumm als verdorscht“ nicht fehlen. Mit einem Potpourri verabschiedeten sie sich vom begeistert mitsingenden Auditorium.
Klänge aus der alemannischen Fasent luden zum Tanzen ein und holten die Narrenschar aus der Pause zurück in den Saal. Der Dank war den Musikern der „Donnergugger“ unter Leitung von Magnus Mengler gewiss.
Eine ungewohnte Mundart brach sich auf dem Weg zur Bühne die Bahn. Zwei ältere Damen, vom Donnersberg über den Rhein angereist, wollten Party machen. Die eine in den Siebzigern, großzügig, modebewusst mit Designerklamotten und einem 500 Coupé. Die andere 89, knauserig mit altem Fummel ihrer Großmutter und dem Gebiss ihres Karl selig. Beide himmelten sie den knackigen „Milchmann“ aus dem Publikum an und schwadronierten über die Belanglosigkeiten des Alltags. In Hessen sind sie seit langem als die „Bousseldande“ bekannt.
Feurige Samba-Rhythmen ließen die Narrenherzen schneller schlagen, als das Kostheimer Show-Ballett „Fuego“ über die Bühne wirbelte. Unter Leitung des Trainerinnen-Teams um Simone Louis zeigten sie in bunten Kostümen akrobatische Meisterleistungen. Dazu war ein Maximum an Energie erforderlich.
Selbstbewusst defilierte die Travestiekünstlerin „Olga Orange“ auf dem Catwalk vor dem Publikum auf und ab. Dabei nahm sie einzelne Gäste auf die Schippe – Vorsicht! Es konnte jede/n treffen. – und strapazierte die Lachmuskeln der Anwesenden mit Kalauern am laufenden Band. Am Schluss wieder auf der Bühne „bei der Muppet Show do obbe“ verabschiedete sich Olga mit „Ein bisschen Spaß muss sein.“
Bühne frei für einen Professor für Musik und Wein. Prof. Dr. Dr. Dorscht alias Michael Geyer vom LCC zitierte Charles Baudelaire’s „Der Wein wandelt den Maulwurf zum Adler“ und dozierte über die Vorzüge und Gefahren des Rebensafts. Souverän auf der Klaviertastatur zuhause sang er vom „Wein aus Mykonos“ und seiner Liebe zum „Roi Woi“.
Nach einer kurzen Umbaupause mit Schunkelliedern, gespielt durch Veranstaltungsband „Red Roses“, läuteten die legendären „Amigos del Sol“ das große Finale ein. Mit fetzigem Rock `n Roll, der „Lu“ und „Halt die Worscht hoch“ brachten sie die Stimmung auf den Höhepunkt. Dazu marschierten die Garden auf und geleiteten das Komitee zu einem sicherlich noch langen Abend von der Bühne.
Ulrich Nilles