NACKENHEIM – „Die Nackenheimer Bürgerinnen und Bürger haben jahrelang auf diese Sanierung warten müssen. Seit September letzten Jahres leben sie auch mit großen Einschränkungen. Aber bis Ende Mai werden die Baumaßnahmen höchstwahrscheinlich beendet sein.“ Mit dem Statement drückte Ortsbürgermeister von Nackenheim René Adler (FWG) die Erleichterung aus, dass die Sanierung der Bahnunterführung Bellenäcker bald ein Ende haben wird. Nicht zuletzt dank der Förderung durch das rheinland-pfälzische Wirtschaftsministerium.
Bei der Übergabe des Zuwendungsbescheids durch Staatssekretärin Petra Dick-Walther, hatte Adler zudem eine weitere Neuigkeit: „Nackenheim ist mit dem Einsatz eines Ultra-Hochleistungs-Faserbaustoffs nun ein Trendsetter bei der Sanierung von dauerhaften, dichten Bauwerken. Wir können von einer Dichtigkeit von mindestens 25 Jahren ausgehen.“
Die Gesamtkosten für die grundhafte Erneuerung des Trogbauwerks belaufen sich aktuell auf rund 2,5 Millionen Euro. Davon sind rund 2,3 Millionen Euro förderfähig. Das Land Rheinland-Pfalz beteiligte sich mit knapp 1,9 Millionen Euro daran. „Den Anteil haben wir sehr gerne übernommen“, sagte Dick-Walther.
Das neue Verkehrskonzept sieht unter anderem vor, aus Gründen der Verkehrssicherheit den Gehweg einseitig zu verbreitern und die Verkehrswegeführung, insbesondere für Schülerinnen und Schüler, insgesamt zu verbessern und zu stärken, da die Unterführung innerörtlich unter anderem die einzige LKW- und Bus-taugliche Verbindung dargestellt.
Den Vorschlag, den ultramodernen Baustoff, abgekürzt UHFB, einzusetzen, hatte der Landesbetrieb Mobilität (LBM) eingebracht. Adler zeigte sich begeistert über die Anwendungs- und Wirkungsweise des „futuristischen Zauber-Materials“. UHFB sei in Deutschland noch kein zugelassener Baustoff.
„Er wird aber seit vielen Jahren bereits erfolgreich – unter anderem in der Schweiz, aber auch in Deutschland – angewendet, und die Uni Kassel forscht seit mehr als 20 Jahren erfolgreich daran. Keine Angst: Die allgemeine bauaufsichtliche Zulassung für Deutschland soll schon bald erteilt werden. Die Ortsgemeinde musste aber eine Zustimmung im Einzelfall erteilen, damit der neuartige Baustoff als Pilotprojekt überhaupt verbaut werden darf.“
Adlers Ausführungen klangen wie die eines ausgewiesenen Experten für die Baumaßnahme. Die Druckfestigkeit von UHFB übersteige die Werte von Hochfestem Beton (nach DIN) erheblich, außerdem beweise das Material eine enorme Dauerhaftigkeit und eine extrem hohe Tragfähigkeit, referierte er.
„So können aufgrund der erheblichen Leistungsfähigkeit sehr filigrane Bauwerke wie Brücken hergestellt werden. Durch den Einsatz von Stahlfasern anstelle von Kiesel wie bei normalem Beton hat UHFB ein sehr dichtes Gefüge. Wasserführende Risse können nicht entstehen, da keine Kapillarporen ausgebildet werden können.“
Ein Rückblick: Das Trogbauwerk Bellenäcker zeigte bereits wenige Jahre nach dem Bau im Jahr 1976 Rissbildungen mit Wasseraustritt. Im Jahr 2000 bestätigte ein Gerichtsurteil die damaligen Planungsfehler. Wegen Zahlungsunfähigkeit konnte allerdings niemand von den Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden.
Erste Sanierungskonzepte erwiesen sich als nicht dauerhaft und waren daher nicht förderfähig. Ab dem Jahr 2013 versuchte man, die Verkehrssicherheit der Unterführung mit mehreren provisorischen Reparaturversuchen des Gehwegs und der Straßenoberfläche wiederherzustellen.
Die Wirtschaftlichkeitsuntersuchung ergab im Jahr 2015, dass die grundhafte Modernisierung der Unterführung einem Ersatzneubau für das neue Verkehrskonzept vorzuziehen sei. Auf der Grundlage des Gutachtens des Ingenieurbüros Verheyen über die grundsätzliche Sanierungsfähigkeit des Bauwerks gelang es, eine Teil-Probesanierung in die Wege zu leiten.
Nach „bestandener Prüfung“ konnte man sich an „das große Werk“ heranwagen. Und hier kam der neuartige Baustoff UHFB ins Spiel: Er verbessert die Dauerhaftigkeit und Dichtigkeit der Bauwerke immens. Sowohl die Fahrbahn, als auch Gehwege und Trogbauwände werden komplett damit ausgestattet. Zusätzlich wurden Risse mit Gel gefüllt beziehungsweise verpresst, eine neue Bewehrung eingebaut und die Gehweg-Rampe zum Bahnhof neu konstruiert.
Der Ortsbürgermeister bedankte sich bei allen, die die Grundsanierung in dieser Form möglich gemacht hatten: das Land Rheinland-Pfalz mit hohen finanziellen Zuwendungen, der LBM durch ausgezeichnete fachliche Begleitung, die Verbandsgemeinde Bodenheim, insbesondere Fachbereichsleiter Bauen Matthias Frey, für jahrelange personelle Unterstützung.
Ein besonderer Dank ging an das Ingenieurbüro Verheyen, das 2015 mit seinem Gutachten den Weg für die Sanierung erst bereitet hatte, und an die Verantwortlichen und Mitarbeitenden der ARGE BÜ Bellenäcker, Firma aventas.bau und Implenia.
Über den Sachstand und den Förderbescheid freuten sich unter anderem auch René Nauheimer (FWG) als Vertreter der Verbandsgemeindeverwaltung, MdL Patric Müller (CDU), Bernhard Knoop vom des LBM in Worms, sowie Frank Haupenthal und Mark Stoffel von Ingenieure Verheyen, Mainz.