HECHTSHEIM – „Ein Kind der Morschgass’“ ist der 1932 in Hechtsheim geborene Heinz Lindroth. Er hat seine Kindheit und Jugend im alten Ortskern verbracht und gilt als einer der letzten lebenden Zeitzeugen der Kriegs- und Nachkriegszeit. In einem 2020 erschienenen Büchlein hat der 88-Jährige seine Gedanken und Erinnerungen festgehalten. Dieses war die Grundlage für einen Rundgang durch die Morschstraße mit rund 40 Teilnehmerinnen und Teilnehmern, den der Verein Hechtsheimer Ortsgeschichte jetzt am Kerbesamstag veranstaltete.

„Heinz Lindroth ist ein echtes Kind der Morschgasse und hat von 1932 bis 1956 hier gelebt“, erläuterte Beisitzer Michael Böhmer zu Beginn, der den urlaubenden Vorsitzenden Ottmar Schwinn vertrat. „Er hat viel über die Morschgasse zu berichten.“ Der Start war an der alten Ortsverwaltung, Ecke Alte Mainzer Straße, der ehemaligen „Hessischen Bürgermeisterei“, wo die Polizeigewalt zu Hause war. Im Hof stand ein fest gemauerter Raum mit vergittertem Fenster, von den Hechtsheimern nur „das Kittchen“ genannt. Attraktion zur Kerb war laut Lindroth „die Reitschul’“. „Die zweite Attraktion war die Schiffschaukel vor dem ,Engel’.“ Weiter ging es zu einem Gebäude, wo die Gaststätte „Parlament“ untergebracht war. Lindroth: „Hier wurde hauptsächlich Rheingauer Wein ausgeschenkt.“ Gleich neben dem „Parlament“ stand die Schmiede Ringel. 250 bis 300 Bauern ließen hier laut Lindroth regelmäßig ihre Gäule beschlagen, was vor allem für die Kinder eine Attraktion war. Viele der überwiegend älteren Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Rundgangs steuerten zu den Erzählungen von Lindroth ihre eigenen Anekdoten bei, sodass sich ein lebhafter Austausch ergab. Der Rundgang endete am ehemaligen Wasserwerk.
Autor: Oliver Gehrig