Start Politik Ein Ortsbürgermeister für pragmatische Lösungen Gespräch mit Andreas Hofreuter in Harxheim

Ein Ortsbürgermeister für pragmatische Lösungen Gespräch mit Andreas Hofreuter in Harxheim

Ein wenig mehr Bürgerbeteiligung würde sich Andreas Hofreuter schon wünschen. Der Ortsbürgermeister von Harxheim sagt dazu: Lieber mitgestalten als hinterher schimpfen. Foto: privat

HARXHEIM – Die Ergebnisse der letztjährigen Kommunalwahl haben dem Gemeinderat von Harxheim eine komplett neue Zusammensetzung beschert. Statt des langjährigen CDU-Beigeordneten hat Ortsbürgermeister Andreas Hofreuter (CDU) nun ein politisch bunt gemischtes Team an seiner Seite: Erste Beigeordnete ist Rita Drescher (SPD), außerdem kann er auf Anke Renker (FWG) und Gustav Reck (Grüne) bauen. Hofreuter fand im Interview klare Worte zu vielen Fragen.

Journal LOKAL: Herr Hofreuter, wie gestaltet sich die Zusammenarbeit mit den neuen Beigeordneten und wie ist die Stimmung im Gemeinderat? Spielt die Bundespolitik eine Rolle?

Hofreuter: Die Stimmung im Rat ist gut. Ich lasse alle Diskussionen umfänglich zu, denn was dort ausgesprochen und verhandelt wurde, sollte danach allen bekannt sein. Wir arbeiten sachlich eng zusammen, es geht in die richtige Richtung. Die veränderte Zusammensetzung der Ratsmitglieder und Beigeordneten begrüße ich ausdrücklich. Es ist sinnvoll, ,die alten Schlachtschiffe‘ rechtzeitig durch ,junge Fregatten‘ zu ersetzen.

Das Durchschnittsalter im Rat ist deutlich gesunken, durch die jungen Eltern kommt eine neue Dynamik auf und wir haben ganz pragmatische Themen auf dem Tisch. Selten muss ich im Rahmen meiner Leitlinienkompetenz ein Machtwort sprechen, damit zeitnah eine Entscheidung gefällt wird. Wir machen hier Politik für Harxheim, da sollten alle an einem Strang ziehen. Die große Politik hat hier nichts zu suchen.

Journal LOKAL: Wie stellt sich die finanzielle Situation dar? Können Sie Ihre Planungen und Ziele verwirklichen?

Hofreuter: 2024 hatten wir eine äußerst schwierige Haushaltssituation, 2025 stellt sich etwas besser dar. Die Ausgaben für Pflichtausgaben belasten uns so sehr, dass für freiwillige Ausgaben kaum noch Raum bleibt. Das macht mir sehr zu schaffen, denn ich bin 2014 angetreten, um Harxheim zu gestalten, statt nur zu verwalten. Mir liegen Heimat- und Kulturpflege sehr am Herzen, es ist mir wichtig, die Jugend einzubinden, zum Beispiel in den Vereinen.

Andreas Hofreuter am Schreibtisch in der Verwaltung. Foto: Sabine Longerich

An all dem will ich nicht sparen. Viele Pflichtausgaben stelle ich sowieso wegen Praxisferne in Frage, ändern kann ich die Situation nicht. Wir sind sehr stolz auf unsere KiTa, mit zehn Gruppen die größte in Rheinland-Pfalz, mit einer täglichen Betreuungszeit von zehn Stunden, die notfalls noch aufgestockt und für die gesamte VG geöffnet werden kann.

Der Umbau hat uns trotz Zuschüsse rund 140.000 Euro gekostet. Am Rande: Was das Leitungsteam, Judith Krieger und Franziska Messer sowie Köchin Martina Euler, auch unter widrigsten Umständen leistete und leistet, muss ich ausdrücklich erwähnen und loben. Außerdem haben wir eine neue Friedhofssatzung, und unsere Sporthalle wurde, unter anderem wegen Brandschutzvorschriften, grundsaniert. Die neue Bühne wird jetzt im Rahmen der Fastnacht eingeweiht.

Journal LOKAL: Welche Prioritäten setzen Sie für 2025? Was wollen Sie unbedingt verwirklichen?

Hofreuter: Bis Ende Februar soll die neue Gerätehalle der Ortsgemeinde am Sportplatz fertig sein, es wurde höchste Zeit dafür. Wir müssen uns um den ,wasserrechtlichen Ausgleich‘ für den Bau des Multifunktionsgebäudes kümmern, in Zuge dessen Gräben mit Rohren versehen wurden. Als Ausgleich werden am Spielplatz Oderstraße Wasserläufe freigelegt, quasi ,entrohrt‘. Das Jugendparlament hat uns dabei mit guten Ideen versorgt, so dass wir zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen: Der Spielplatz erhält sowohl neue Spielgeräte als auch einen topografisch angepassten künstlichen Wasserlauf.

Außerdem bekommt die KITa eine Beschattung, beim Neubaugebiet ,Überrück‘ soll es nach der Grundplanung weitergehen und, meine absolute Priorität, wir brauchen ein Gewerbegebiet an der L425 Richtung Ebersheim. Harxheim braucht Einnahmen, sonst geht es hier nicht weiter. Es gibt viele interessierte Gewerbetreibende, Winzer und andere Interessenten und ich kümmere mich persönlich intensiv um die Ansiedlung neuer Gewerbe. Vor meiner Zeit wurde leider entschieden, keine Einkaufsmärkte dort anzusiedeln, eigentlich schade aus heutiger Sicht.

Journal LOKAL: Sie sind bekannt als Mann klarer Worte und möglichst schneller Entscheidungsfindung. Beides wird in politischen Gestaltungsprozessen nicht immer honoriert. Was stört sie besonders in ihrer Rolle als Ortsbürgermeister, wo liegen die Herausforderungen?

Hofreuter: Ach, ich bin trotz Gegenwind sehr ausdauernd. Es gab im Vorfeld wenig Unterstützung in der Bevölkerung für das neue Bürgerhaus und heute sind alle froh darüber. Genauso wenig Zustimmung finde ich für den Bau eines Seniorenwohnheims mit der Möglichkeit für betreutes Wohnen auf dem Gelände des ehemaligen Gutshofs Hammen. Ich verstehe das nicht wirklich. Man sollte doch die Chance haben, im Alter in Harxheim bezahlbaren Wohnraum zu finden, wenn man nicht mehr im eigenen Haus wohnen kann.

Gerade haben wir ein Urteil des Oberverwaltungsgerichts dazu im Rahmen der Normenkontrolle kassiert. Die 2. Änderung des Bebauungsplans ,Ortskern Harxheim, westlicher Teil‘ vom August 2023 wurde für unwirksam erklärt. Wir werden also wohl den gesamten Prozess neu aufsetzen müssen. Allerdings sollen uns der VG-Rat und der Investor zunächst das Urteil und dann die Folgen daraus erläutern.

Was uns kolossal behindert, sind die Fristen und Vorgaben bei Zuschussbewilligungen. Die Behörden setzen uns enorm unter Druck, was weder realitätsnah noch empathisch ist. Dafür habe ich kein Verständnis. Wir finden nun mal nicht immer Handwerker, die alle Fristen einhalten können. Und ich bin schon von morgens bis abends auf den Baustellen, um nach dem Rechten zu sehen. Manchmal sind wir auf den letzten Drücker fertig, um die Zuschüsse nicht zu verlieren. Das stresst gewaltig. Aber, wie gesagt: Ich bin sehr ausdauernd. Ein wenig mehr Bürgerbeteiligung würde ich mir außerdem wünschen. Lieber mitgestalten als hinterher schimpfen

Journal LOKAL: Wir bedanken uns herzlich für das Interview.

Das Gespräch führte: Sabine Longerich

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Nach mehr als 25 Jahren Berufserfahrung im Bereich der Kommunikations-, Redaktions- und Pressearbeit und mehr als 30 Jahren Autorentätigkeit bin ich seit April 2024 für Journal LOKAL unterwegs. Da ich - gut vernetzt in der gesamten VG Bodenheim - mitten im alten Ortskern von Bodenheim wohne weiß ich, über welche Neuigkeiten und Projekte man unbedingt berichten sollte. Mein besonderes Interesse gilt dem sozialen Miteinander, kulturellen und sportlichen Veranstaltungen sowie der Orts- und VG-Politik. Journalistische Ausflüge führen mich u. a. auch nach Laubenheim, in die VG Rhein-Selz und an andere schöne Orte.