HARTENBERG-MÜNCHFELD/OBERSTADT – Ob das Dreigestirn der Ampel, die Opposition, PISA, KI oder Alexa: alle bekamen sie ihr Fett weg. Es gaben sich Rang und Namen der Mainzer Fastnacht ein Stelldichein im Mainzer Haus der Vereine. Die Haubinger hatten zu ihrer traditionsreichen Sitzung „Alt Meenz“ in die Schillstraße eingeladen. „Maulwerk“, zwei junge Musiker aus dem Taunus, stimmten die Narrenschar auf die kommenden sechs Stunden ein.
Dann hielt das Haubinger-Komitee Einzug, angeführt von den Trommlern der Schwarzen Husaren und eskortiert durch Abordnungen zahlreicher Fastnachtsvereine. Traditionsgemäß hatte der Protokoller das erste Wort. Vereinsmitglied Rolf Wulf ließ das politische Jahr Revue passieren und kommentierte es mit beißenden Pointen. Besonders hatten es ihm Captain Cook alias Olaf Scholz und der Bundestag angetan, die dem rechten Treiben im Hohen Hause gelassen zusehen, anstatt die Demokratie offensiv zu verteidigen.
Die Gardemädscher der Gau-Bischofsheimer „Fidelen Brüder“ setzten unter Leitung von Ramona Bitz mit ihrem Gardetanz einen ersten musikalischen Akzent. Als „Raised Newspaper Engineer“ beschrieb „Der Mann vom Altpapier“ (Guntram Eisenmann) humoristisch die Verwertung von Papierabfall, um am Ende zu dem Schluss zu kommen, dass es doch verbrannt wird.
Mit ihren stimmungsvollen Fastnachtshits „Tomatenmark“, „Mir All Sin Meenzer“ und „Weck, Worscht & Woi“ sangen sich die drei „Meenzer Zibbelkappe“ in die Herzen der Zuhörer. Akrobatisch ging es mit dem Männerballett „Maingrazien“ weiter. Als Bergzwerge kostümiert brachten die Jungs vom Turn- und Sportverein Kostheim die Bühnenbretter zum Wackeln. Dazu hatten sie unter Leitung von Ilka Panzer bajuwarisch verrockte Musik im Gepäck.
Eine vielversprechende Haubingerpremiere gelang Kevin Raupach als „Äppelmann vom Wochenmarkt“. Der pries seine selbstgezüchteten Früchte an, bedauerte aber, dass sie längst verfault wären, bevor sie das Zulassungsverfahren bei der EU durchlaufen hätten. Hervorgegangen aus der KJG Nackenheim und heute an den GCV angeschlossen traten die fünf Aktiven der „Herpes House Band“ als Kölner Dreigestirn mit Hennes und Guido Cantz auf und stellten die Gemeinsamkeiten und Unterschiede der beiden Domstädte heraus: „Ihr seid eine alte Bischofsstadt und wir haben unseren alten Bischof satt.“ Eine Persiflage auf Ramstein leitete über zu der Ballade vom Rosenmontagszug, bei dem „Straßenschlacht in Meenz“ angesagt ist.
Wer kennt ihn nicht? Der Pizzabäcker Ciro Visone machte sich lustig über die italienische Küche, hatte einen Rentnerjob zu vergeben und berichtete über ein Klassentreffen mit vielen Scheidungen, um dann den Saal mit seinem Fastnachts-Superhit „Ciro, mach Amore mit mir“ zum lautstarken Mitsingen zu bringen.
Vor der Pause eroberte Dieter Meisenzahl die Bütt, zunächst als „Singende Kloschüssel, die über die Vorzüge und Erlebnisse eines solchen Mietobjekts schwadronierte. Danach begeisterte er das Publikum mit einem Potpourri seiner Hits.
Zu Beginn des zweitens Teil brachten die „Rhein-Mainzer“ von der Haubengarde die Zuschauer wieder auf närrische Temperaturen. Dann betanzte das „Ballett Ladies“ die Bühne, zunächst in züchtigen langen Röcken, später im Sportdress mit akrobatischen Einlagen. Für die perfekte Synchronisation sorgt Melanie Brandenburg vom Carneval Club Bierstadt.
Gepflegtes und facettenreiches Klavierspiel zeichnete Michael Geyer vom Lerchenberger Carneval Club aus. Als Prof. Dr. Dr. Hans Durst der interdisziplinären Hochschule für Musik und Wein philosophierte er über die Veränderungen eines Menschen zwischen dem ersten und zwölften Glas Rebensaft.
Trockener als der trockenste Riesling strapazierte Jens Baumgärtner die Lachmuskeln der Narrhallesen. „Alt werden ist die Zeitspanne zwischen der ‚Bravo‘ un‘ der do“, gemeint: die Apothekenrundschau. Aus ihr zitierte er Überschriften und nahm sie aufs Korn. Auch der Weiße-Ärzte-Stammtisch kam dabei nicht gut weg.
Einen Moment lang wurde es still im Saal, als der Sitzungspräsident eine Bodyguard-Truppe ankündigte: die Mainzer Klinikathleten. „Manchen Sitzungspräsidenten muss man erst mal erklären, was eine ‚Etagere‘ ist“, gab Gunter Raupach bei seinem Vortrag zum Besten. Nach langem Kampf hat der Ehemann zugestimmt, mit seiner Frau Möbel einkaufen zu gehen, um nach Stunden ohne Möbel, aber mit einer sauteuren Etagere nach Hause zu fahren.
„Sound of Weisenau“ vom gleichnamigen Carneval Club zu beschreiben, hieße Eulen nach Athen tragen. Dessen Spiel stimmte die närrische Schar auf das Finale, bei dem der Sitzungspräsident selbst zum Mikrofon griff und die Haubingerhymne sowie „Im Schatten des Doms“ sang.
Begleitet wurde er von Jupp Meilinger, der an diesem Abend für die Musik verantwortlich zeichnete.
Ulrich Nilles