MARIENBORN – Ortsvorsteher Dr. Claudius Moseler wollte nicht ungerecht klingen: Die Eingemeindung Marienborns zur Landeshauptstadt Mainz im Sommer 1969 habe auch einiges Gutes gehabt, sagte er und blickte schmunzelnd an eine Wand im Sitzungssaal der Ortsverwaltung. „Einige Grausamkeiten wurden verhindert.“ Bei der Ausstellung zur Eingemeindung des Stadtteils im Rahmen der Kerb musste man nur seinem Blick folgen, um zu wissen, was er meint. Dort hingen die Entwürfe für ein Rathaus in Marienborn, die ganz und gar nicht dem Geschmack des Ortsvorstehers entsprachen. Und wohl auch bei vielen anderen schon damals auf wenig Gegenliebe gestoßen sein dürfen. Die Pläne aus den 60er Jahren zeigen einen Entwurf eines wie aus mehreren Schachteln bestehendes Gebäude, das zur Straße hin eine geschlossene Front mit den Nachbarhäusern bildet. Damit sei Marienborn verschont worden, „aber das Versprechen im Eingemeindungsvertrag, der Platz vor der Verwaltung werde neu gestaltet, das sei laut Moseler bis heute nicht eingelöst worden. Und auch am Sonnigen Hang sei manches anders geworden, als einst besprochen. Stattsechsgeschossiger Häuser stehen heute 15-Etagen-Hochhäuser dort.
Viele Gäste zog es zur Ausstellungs-Eröffnung in die Ortsverwaltung. Alte Zeitungsartikel, Protestschreiben der damaligen Gemeindeverwaltung und der Bürger an die Stadt Mainz, Gesetzestexte und der zuletzt doch vom damaligen Bürgermeister Anton Sebastian Krost und dem Oberbürgermeister Jockel Fuchs unterzeichneten Auseinandersetzungs- und Eingemeindungsvertrag vom Juni 1969.Während der Vorsitzende des Vereinsrings Hans-Karl Warken als Zeitzeuge auch heute noch durchaus kritische Worte zur Eingemeindung fand und halb scherzhaft halb ernst vom Fuchs sprach, der mit Erlaubnis von höherer Landesebene auf Raubzug im unmittelbaren Umland gegangen sei, hielt sich Dr. Frank Teske vom Stadtarchiv in seinen einführenden Worten chronologisch an die Geschichtsdaten. Von einer ersten Anfrage zum 4. Gesetz der Verwaltungsvereinfachung im Juli 1968 über Reaktion aus den betroffenen Gemeinden bis hin zur Unterzeichnung der Verträge. „Die einzigen, die eine Eingemeindung wirklich wünschte, waren die Ebersheimer“, sagte er. Finthen, Drais, Marienborn und Hechtsheim wollten ihre Selbstständigkeit nicht aufgeben. „Es gab alles hier, Geschäfte, gute Straßen, ein ausgebautes Kanalsystem“, so Warken, der noch eine kleine Spitze in Richtung Ebersheim losließ. „Bis heute haben sie dort keine Mainzer Vorwahl.“ Alte Bebauungspläne, Stempel und Amtssiegel, das Stadtwappen, das Wappen von Marienborn und zahlreiche Fotos rundeten die Ausstellung ab. Auf kleinstem Raum im Sitzungssaal ist es so gelungen, ein großes Stück Orts- und Stadtgeschichte spannend darzustellen.