
WEISENAU – Seit August 2023 ist Joachim Deynet Schulleiter an der Weisenauer Schillerschule. An der Grundschule werden derzeit 223 Grundschülerinnen und Grundschüler unterrichtet, darunter 140 Förderbedürftige in Deutsch und 30 nahezu ohne jede Deutschkenntnisse. Trotzdem ist die Schillerschule nicht ins bundesweite Startchancenprogramm aufgenommen worden, für das jährlich zwei Milliarden Euro zur Verfügung stehen, berichtete Deynet jetzt im Ortsbeirat. „Wir waren sehr enttäuscht“, betonte der Schulleiter. Beschwerdebriefe der Schule gingen an das Kultusministerium, die ADD, Sozialdezernent Dr. Eckart Lensch und Ortsvorsteher Ralf Kehrein. Mitte Februar hatte der Ortsvorsteher die Post vom Schulkollegium bekommen, berichtete Kehrein. „Eine Woche später haben wir schon zusammengesessen.“ Es folgte die Einladung an Deynet in den Ortsbeirat.
Die zwei Milliarden Euro werden an den Schulen zur Förderung von Bauvorhaben (40 Prozent), Investitionen in den Schulunterricht (30 Prozent) und mehr Personal (30 Prozent) eingesetzt. 200 Schulen im Bundesland seien berücksichtigt worden. Die Kriterien: Migrationshintergrund der Schülerinnen und Schüler, Armut und sonderpädagogischer Förderbedarf. „Es wurden nur Schwerpunktschulen berücksichtigt“, erklärte Deynet. „Wir haben aber ebenfalls viele Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf.“
Hinzu kämen die großen Probleme an der Grundschule. Der Schulkindergarten wurde aufgelöst, dann wurde integrativ unterrichtet. „Dann wurde das Programm ersatzlos gestrichen“, berichtete Dreynet. Die Problematik verschärfe sich durch die vielen Flüchtlingskinder. Zusätzlich sei die WC-Anlage in einem katastrophalen Zustand. Viele Kinder ekelten sich, auf die Toilette zu gehen. Schimmelbildung sei an den Wänden zu beobachten. Zudem sorgten die vier Container für Platzprobleme. „Wir haben keine Fachräume mehr“, betonte Dreynet. „Durch die Container ist der Schulhof zu klein, wir machen versetzte Pause.“ Zusammenfassend sagte der Schulleiter: „Es ist eine herausfordernde Lage für uns.“
Der Ortsbeirat zeigte sich entsetzt von den beschriebenen Zuständen an der Schule. „Vielen Dank für diese ungeschminkte Lagebeschreibung“, sagte Ortsvorsteher Kehrein. Er sei im Sommer 2024 vor Ort gewesen. „Es ist eine echte Herausforderung für die Lehrkräfte.“ Zur Toilettensanierung habe es nun einen Vor-Ort-Termin mit der Gebäudewirtschaft Mainz (GWM) gegeben. „Das wird als unabdingbar angesehen“, betonte Kehrein. Die beiden ältesten Container ohne Wasserversorgung würden zeitnah ausgetauscht. Der Hausmeisterbau, wo zurzeit die Betreuende Grundschule untergebracht ist, leide unter massivem Schimmelbefall. „Das Haus kann wirtschaftlich nicht mehr saniert werden“, sagte Kehrein. Der Abriss und eine Ersetzung durch Container sei in der Prüfung. Kehrein: „Der Schulneubau ist zwar bei der GWM im Programm, ist aber irgendwo steckengeblieben.“ Der städtische Haushalt 2025 ist von der ADD noch nicht genehmigt worden. „Alle hoffen auf einen warmen Segen für 2026.“ Das Zwischenfazit des Ortsvorstehers: „Derzeit ist leider unklar, wann mit einer Realisierung der neuen Schillerschule zu rechnen ist. Es finden Gespräche statt zwischen dem Schuldezernat, dem Schuldezernenten und den Ministerien, welche Möglichkeiten es gibt, der Schillerschule unter die Arme zu greifen.“
Die Fraktionen im Ortsbeirat äußerten ihr Entsetzen zum gegenwärtigen Zustand. „Ich bin sehr betrübt und entsetzt. Diese Dimension war mir unklar“, sagte Tobias Hoffmann (SPD). „Es wird geflickschustert und repariert, wir kriegen immer nur vage Antworten. Wir haben geplant, gedacht und geträumt und sind nun keinen Schritt weiter und sind Opfer des Haushaltes.“ Hoffmann forderte eine öffentliche Sondersitzung des Ortsbeirates zur Schillerschule.
„Ich schwanke zwischen Sprachlosigkeit und Entsetzen“, bekannte Herbert Egner (FDP). „Der Toilettengang gehört zu den menschlichen Grundbedürfnissen. Wenn es da schon mangelt, dann mangelt es auch an den Bildungsinhalten.“ Egner forderte einen Vor-Ort-Termin mit dem Ortsbeirat.
„Auf der Planungsliste der GWM steht die Schillerschule mit Fertigstellung 2027“, ergänzte Stadtratsmitglied Britta Werner (Volt). „Zwei Jahre sind ein unerfreulicher Zeitraum von der Perspektive.“ Carola Brabandt (Grüne) bekannte: „Ich bin ebenfalls schockiert. Wir haben Reformstau ohne Ende in Weisenau, wir kommen nicht weiter.“ Alexander Quis (SPD) betonte: „Wir alle wissen, dass es 2027 nicht fertig wird. Wir brauchen verbindliche Aussagen.“ Die ganzen Antworten seien nur vertröstend, bekräftigte Norbert Rücker (CDU). „Am Ende zahlen die Kinder, das kann es nicht sein“, kritisierte Anke Welzenheimer (Grüne). Dr. Gitta Weber (ÖDP) informierte: „Es gibt Beschwerden, dass nicht geputzt wird in den Toiletten. Es sind katastrophale Zustände.“ Weber: „Die Stadt festzulegen ist schwieriger als einen Pudding an die Wand zu nageln.“
Der Weisenauer Ortsbeirat verständigte sich, eine öffentliche Sondersitzung zu diesem Thema in der Schillerschule abzuhalten. Der genaue Termin steht noch nicht fest.
Oliver Gehrig