BUDENHEIM – Mit einem ohrenbetäubenden Trillerpfeifenkonzert und Sprechchören empfingen die Demonstranten in Budenheim die politischen Köpfe der Alternative für Deutschland (AfD) aus Bund und Land, die hinter der Absperrung defilierten. Ein breites Bündnis aus den vier Budenheimer Gemeinderatsfraktionen und „Rheinhessen Nazifrei“ hatte vor Kurzem aus Anlass einer Wahlkampfveranstaltung der AfD im Bürgerhaus der Gemeinde zu einer Protestveranstaltung gegen Hass und Hetze aufgerufen.
Etwa 1.400 Personen folgten dem Aufruf und versammelten sich vor dem Budenheimer Rathaus. Das Spektrum der Beteiligten umfasste Vertreter der demokratischen Parteien, zivilgesellschaftliche Organisationen, örtliche Religionsgemeinschaften mit ihren Vereinigungen sowie Menschen aller Altersgruppen.
Thomas Jahnke kam mit dem Gefühl nach Budenheim, dass die derzeitige Situation fünf Minuten vor 1933 stehe. „Damals ist die Bevölkerung im Vertrauen auf die Politik in eine Diktatur hineingeschlittert oder sie hat nicht sehen wollen, mit welcher Brutalität der Faschismus im Hintergrund agierte.“
Bei einer spontanen Umfrage äußerten die Teilnehmer außerdem, dass ihnen das Engagement für die Demokratie wichtig sei: Die offene Gesellschaft bedeute ein sehr hohes Gut, das es für die Nachkommen zu erhalten gelte. Neben Fahnen und Transparenten der demokratischen Parteien und Gewerkschaften bekannte sich der Budenheimer TV 1919 als „kunterbunt“. Ebenso mischte sich die Bürgerinitiative „Omas gegen Rechts“ unter das Publikum. Häufig zu lesen und zu hören waren Worte wie: Demokratie, Freiheit, bunte Gesellschaft, Toleranz oder Anstand, wobei die letzte Vokabel im Motto der Veranstaltung – „Budenheim bleibt anständig“ – wiederkehrte.
Der Ausrichter, Andreas Koch, hieß die Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus ganz Rheinhessen und Teilen von Rheinland-Pfalz mit den Worten willkommen: „Es tut gut, zu sehen, dass so viele Menschen gekommen sind, um gegen die menschenverachtenden Parolen der AfD zu demonstrieren.“ Er dankte der Polizei und den Ordnungskräften für ihre Unterstützung. Darüber hinaus hatte der Veranstalter eine Gruppe von Helfenden zusammengestellt, die an ihren grünen Warnwesten vom Budenheimer Dreck-weg-Tag erkennbar waren und als Ansprechpartner dienten.
In seinem Grußwort lobte der als Privatperson anwesende Bürgermeister Stephan Hinz das friedliche Zusammenleben in einer Gemeinde mit Menschen aus über 80 Nationen. Nur der Zusammenhalt und der achtsame Umgang Seite an Seite ermöglichen, dass diese Welt sich im Guten weiterdrehe. Er beendete seinen Beitrag mit den Worten: „Budenheim steht für bunt“. Diesem Standpunkt schlossen sich die drei anderen im Gemeinderat vertretenen Parteien einhellig an und appellierten für ein friedfertiges Miteinander auf der Basis der freiheitlich demokratischen Grundordnung ohne Hass und Hetze. Gegen 19 Uhr löste sich die Versammlung, die friedlich verlief, auf.
Ulrich Nilles