MAINZ-BINGEN – Seit Januar 2018 ist Steffen Wolf Erster Kreisbeigeordneter im Landkreis Mainz-Bingen. Vor den Landratswahlen am 23.Februar erzählt der Kandidat der SPD über seine Pläne für die Zukunft des Landkreises.
Journal LOKAL: Wie wollen Sie die wirtschaftliche Entwicklung des Landkreises fördern?
Steffen Wolf: Die wirtschaftliche Entwicklung des Landkreises kann nur im Dialog mit der heimischen Wirtschaft gelingen. Ich setze auf eine enge Zusammenarbeit mit Unternehmen, Kammern und Wirtschaftsförderungseinrichtungen. Ein Schwerpunkt wird auf der Unterstützung von kleinen und mittelständischen Unternehmen liegen, die das Rückgrat unserer Wirtschaft bilden.
Ein weiteres zentrales Ziel wird die Stärkung der kreiseigenen Wirtschaftsförderung: bestehende Arbeitsplätze sichern und neue Unternehmen für unsere Region gewinnen. Wir brauchen eine starke, zukunftsorientierte Wirtschaftsförderung, die Unternehmen unterstützt, Investitionen erleichtert und neue Impulse setzt. Eine aktive Ansiedlungspolitik, die Wachstum und Innovation fördert, wird dabei eine zentrale Rolle spielen.
Dabei halte ich es für sinnvoll, Synergien mit benachbarten Landkreisen zu schaffen – etwa durch eine gemeinsame Wirtschaftsförderung. Eine solche Kooperation würde es ermöglichen, Ressourcen effizient zu bündeln, Verfahren zu vereinfachen und Unternehmen einen zentralen Ansprechpartner für die gesamte Region zu bieten. So könnten wir uns als starke Wirtschaftsregion positionieren und für Investoren und Gründer noch attraktiver werden.
Journal LOKAL: Welche Pläne haben Sie, um den Haushalt des Landkreises nachhaltig zu gestalten?
Wolf: Da der Landkreis umlagefinanziert ist, können wir unsere Einnahmen nicht direkt steigern. Die Konsolidierung des Haushalts muss daher auf der Ausgabenseite erfolgen. Dazu gehört, interne Abläufe zu optimieren und Arbeitsprozesse durch Digitalisierung zu vereinfachen. Bürokratieabbau muss dabei an oberster Stelle stehen – soweit das auf Landkreisebene möglich ist. Zudem halte ich es für wichtig, dass wir uns auf unsere Kernaufgaben konzentrieren.
Die Kreisverwaltung trägt wesentliche Verantwortung für die Daseinsvorsorge. Dabei ist mir besonders wichtig, soziale und infrastrukturelle Aufgaben nicht zu gefährden. Gleichzeitig darf die Konsolidierung nicht zulasten des Personals gehen – im Gegenteil: Wir müssen den Landkreis als Arbeitgeber attraktiver machen, um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken. Transparenz und Bürgerbeteiligung bei den Haushaltsentscheidungen sind ebenfalls zentrale Bausteine meines Plans.
Journal LOKAL: Welche Maßnahmen möchten Sie ergreifen, um die Qualität der Pflege in häuslichen und stationären Einrichtungen zu verbessern?
Wolf: Die Qualität der Pflege im häuslichen und stationären Bereich wird durch Bundes- und Landesgesetze bestimmt. Leider haben wir als Landkreis hierauf keinen direkten Einfluss. Was wir jedoch tun können, ist die Zusammenarbeit zwischen ambulanten Diensten, stationären Einrichtungen und ehrenamtlichen Akteuren fördern.
Zudem ist mir der Ausbau der Pflegeberatung sowie die Unterstützung pflegender Angehöriger ein persönliches Anliegen. Pflegekräfte sollten durch bessere Arbeitsbedingungen und gezielte Fortbildungsangebote entlastet und gefördert werden.
Journal LOKAL: Wie möchten Sie die Gesundheitsversorgung im Landkreis sicherstellen und verbessern?
Wolf: Eine flächendeckende medizinische Versorgung ist essenziell. Deshalb möchte ich die Zusammenarbeit mit niedergelassenen Ärzten intensivieren und den Ausbau von Gemeinschaftspraxen sowie Telemedizin-Angeboten unterstützen.
Ein zentrales Anliegen bleibt für mich das Krankenhaus in Bingen als Grundversorger der Region. Ich habe mich bereits intensiv für den Erhalt eingesetzt und werde dies auch in Zukunft tun. Wir brauchen das Krankenhaus in Bingen.
Journal LOKAL: Welche konkreten Maßnahmen planen Sie, um den Klimaschutz im Landkreis weiter voranzutreiben?
Wolf: Klimaschutz beginnt vor Ort. Mein Fokus liegt auf der Förderung erneuerbarer Energien, energetischer Sanierung öffentlicher Gebäude, dem Ausbau umweltfreundlicher Mobilität.
Darüber hinaus möchte ich die Bürgerinnen und Bürger durch Informationskampagnen und Förderprogramme dazu motivieren, selbst aktiv zu werden. Projekte wie „Energiezelle“ könnten Modellcharakter für den Landkreis haben.
Journal LOKAL: Wie möchten Sie den Katastrophenschutz, insbesondere in Bezug auf Unwetterereignisse, stärken?
Wolf: Der Katastrophenschutz muss angesichts zunehmender Extremwetterereignisse weiter gestärkt werden. Weiterhin werde ich mich für die Ausstattung und Schulung der Feuerwehren und des Technischen Hilfswerks einsetzen.
Die Kreisverwaltung als Katastrophenschutzbehörde muss ihre Strukturen regelmäßig überprüfen, schulen und verbessern. Eine enge Zusammenarbeit mit benachbarten Landkreisen und dem Land ist entscheidend, um auf Katastrophen gut vorbereitet zu sein.
Journal LOKAL: Wie sehen Sie die Entwicklung rund um die KRN, und was sind Ihre Pläne zur weiteren Verbesserung des ÖPNV?
Wolf: Die KRN ist ein hervorragendes Beispiel für erfolgreiche interkommunale Zusammenarbeit. Gemeinsam mit dem Landkreis Bad Kreuznach und der Stadt Bad Kreuznach haben wir einen zuverlässigen und modernen ÖPNV aufgebaut – getragen von kommunalen Arbeitgebern.
Während meiner Amtszeit als Kreisbeigeordneter haben wir das ÖPNV-Angebot verdoppelt und einen getakteten Linienverkehr im gesamten Landkreis eingeführt. Mein Ziel ist es, dieses Angebot zu erhalten und gezielt dort zu optimieren, wo es notwendig ist.
Journal LOKAL: Wie sehen Sie die Defizite und Ressourcen hinsichtlich der Anbindung zwischen den Zentren? Sind auch ländliche Gebiete gut angebunden?
Wolf: Die Anbindung der Zentren untereinander ist sehr gut. In allen Ortschaften – auch in den kleinen – gibt es einen getakteten Linienverkehr, der planerisch mit dem Schienenverkehr verknüpft ist.
Natürlich kommt es durch Unpünktlichkeiten im Schienenverkehr oder bei den Bussen zu Problemen. Wir arbeiten kontinuierlich daran, diese Verknüpfungen zu optimieren. Wichtig ist, dass der gesamte Verkehr regelmäßig überprüft und verbessert wird.
Journal LOKAL: Welche Maßnahmen sehen Sie vor, um die Verkehrsinfrastruktur im Landkreis zu verbessern?
Wolf: Neben dem Ausbau des ÖPNV ist der Erhalt und die Modernisierung der Straßeninfrastruktur entscheidend. Zudem möchte ich den Ausbau von Radwegen vorantreiben, um eine nachhaltige Mobilität zu fördern.
Journal LOKAL: Wo sehen Sie Defizite bei der Integration von Migranten und Geflüchteten, und was wollen Sie ändern?
Wolf: Integration gelingt nur durch verbesserte Aufnahmebedingungen und langfristige Integrationsangebote. Defizite sehe ich insbesondere bei der Koordination zwischen ehrenamtlichen und professionellen Angeboten. Hier braucht es mehr Vernetzung und Unterstützung.
Zentral bleibt auch die dezentrale Unterbringung in den Gemeinden, die wir im Landkreis bereits umgesetzt haben. Dieses Modell muss weitergeführt werden, ergänzt durch gezielte Integrationsmaßnahmen.
Journal LOKAL: Wie wollen Sie die Zusammenarbeit mit bestehenden Integrationsbeiräten fördern?
Wolf: Die Integrationsbeiräte leisten wertvolle Arbeit. Ihre Rolle möchte ich weiter stärken und sie regelmäßig in wichtige Entscheidungsprozesse einbinden.
Journal LOKAL: Wie stehen Sie zur aktuellen Reform der Förderschulen und deren Auswirkungen auf die Inklusion im Landkreis?
Wolf: Der Elternwille muss im Mittelpunkt stehen. Förderschulen müssen als wichtige Stütze des Bildungssystems erhalten bleiben, um den individuellen Bedürfnissen aller Kinder gerecht zu werden.
Journal LOKAL: Was sind Ihre Prioritäten für die Bildungspolitik im Landkreis?
Wolf: Erstens, Modernisierung der Schulinfrastruktur, dann der Ausbau der digitalen Ausstattung. Als Schulträger muss der Landkreis die bestmöglichen Rahmenbedingungen schaffen. Das war mir als Kreisbeigeordneter und ist mir als Vater von zwei schulpflichtigen Kindern ein besonderes Anliegen.
Journal: Vielen Dank für das Gespräch.
Die Fragen stellte Gregor Starosczyk-Gerlach