Start Gesellschaft Ingelheim setzte ein starkes Zeichen Zivilgesellschaftlicher Protest gegen Rechts

Ingelheim setzte ein starkes Zeichen Zivilgesellschaftlicher Protest gegen Rechts

Über 250 Menschen waren dem Protestaufruf von In-RAGE gefolgt. Foto: Boos+Gockel, Tobias Boos

INGELHEIM – Dem Aufmarsch von circa zwei Dutzend Neonazis standen mehr als 250 Bürgerinnen und Bürger aus Ingelheim und Umgebung gegenüber. Das Bündnis In-RAGE hatte vor Kurzem zu einer Protestversammlung aufgerufen. Samstagnachmittag gegen 14 Uhr am 17. August: Der Sebastian-Münster-Platz in der Neuen Mitte von Ingelheim füllt sich allmählich. Regenbogen-Friedensfahnen werden aufgehängt, eine kleine Bühne mit Beschallungsanlage hergerichtet.

Oberbürgermeister Ralf Klaus zeigte sich stolz angesichts der vielen Menschen, die zu der Kundgebung gekommen waren. Foto: Boos+Gockel, Tobias Boos

Menschen versehen Regenschirme mit langen, bunten Kreppbändern und üben eine kleine Performance ein. Mittendrin koordiniert Dieter Engelhard, Vorsitzender des „Ingelheimer Bündnisses gegen Rassismus und Gewalt“ (In-RAGE) alle Vorbereitungen. „Von der Anmeldung der Rechten haben wir Anfang Juni erfahren“, so Engelhard. „Es ist in Ingelheim mittlerweile Tradition, das wir diesen Leuten nicht unsere Straßen überlassen.“ Vor Ort sei es ebenfalls Tradition, dass sich In-RAGE um lokale politische Aktionen kümmert.

Zur Vorbereitung der Protestversammlung wurden die im Stadtrat vertretenen Parteien und zivilgesellschaftliche Organisationen eingebunden. Der Deutsch-Israelische Freundeskreis hält auf dem Renate-Wertheim-Platz eine Mahnwache ab. Vom Weiterbildungszentrum (WBZ) aus stoßen die Grünen und vom Bahnhof aus die Antifa zu der zentralen Kundgebung auf dem Platz hinzu.

Dort hat sich inzwischen eine ansehnliche Menschenmenge mit Fahnen, selbst gestalteten Schildern und Bannern versammelt, als Engelhard die Veranstaltung um 15 Uhr eröffnet. „Wir sind in friedlicher Absicht hier, wollen keine Konfrontation und respektieren einander“, begrüßt er unter lautem Applaus die Teilnehmenden.

„Ich freue mich sehr, dass so viele den Weg hierher gefunden haben und wir in dieser Stadt Haltung zeigen. Gegenüber Rassismus, gegenüber Rechtsextremismus, gegen Gewalt und gegen Ausgrenzung“, empfing Oberbürgermeister Ralf Claus die Anwesenden. Er dankte In-RAGE für Arbeit für Vielfalt, Toleranz und im Umgang mit Minderheiten. Claus zeigte sich stolz, dass Ingelheim unter Beteiligung des Bündnisses und des Migrationsbeirats seit einigen Monaten Mitglied der ECA, der European Coalition of Cities against Racism, ist, als einzige rheinland-pfälzische Stadt.

Bunt ging es an diesem Nachmittag zu als Ausdruck für Offenheit der Stadt Ingelheim. Foto: Ulrich Nilles

Gegen 15.30 Uhr nähert sich vom Bahnhof eine kleine Gruppe in schwarz-weiß-roter Aufmachung. Dem Vernehmen nach handelt es sich um Mitglieder und Sympathisanten von „Die Rechte“ und „Die Heimat“, die durch Lautsprecher verstärkt versuchten, ihr rechtsstaatfeindliches Gedankengut zu verbreiten. Lautstarke Protestrufe und aufmunternde Musik jenseits des Sicherheitskorridors weiß dies über einen Zeitraum von gefühlt einer Stunde zu verhindern. Dann treten die Rechtsradikalen ihren Rückmarsch zum Bahnhof an und nach zwei Stunden löst sich die bunte Versammlung der Gegendemonstranten ohne einen einzigen Zwischenfall auf.

Das Bündnis In-RAGE besteht seit über 25 Jahren. Einmal monatlich treffen sich Ingelheimer Bürgerinnen und Bürger im Jugend- und Kulturzentrum YELLOW, um sich gemeinsam für Toleranz, Solidarität und Mitmenschlichkeit einzusetzen. Ein Ergebnis dieser Arbeit ist der „Ingelheimer Appell 2.0“, der zusammen mit dem Ingelheimer Runden Tisch beschlossen wurde. In Anerkennung seines Engagements wurde dem Verein der „Karlspreis 2017“ der Stadt verliehen.

Weitere Informationen unter www.in-rage.org.