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Kandidaten präsentierten ihre Pläne für den Landkreis Großes Podiumsgespräch mit sechs Bewerbern und vielen Meinungen

Thorsten Nessel, Andrea Müller-Bohn, Alexander Jungbluth, Thomas Barth, Christoph Merklein und Steffen Wolf auf dem Podium in Essenheim (v.l.n.r.). Foto: Gregor Starosczyk-Gerlach

ESSENHEIM – In der Kürze liegt die Würze: In nur 60 Sekunden sollten sich die Kandidaten und die Kandidatin für den Chefposten im Landkreis Mainz-Bingen vorstellen. Die Selbstporträts beendeten eine intensive Frage-Antwort-Runde, die ZDF-Reporter Norbert König vor Kurzem in der Domherrnhalle in Essenheim souverän moderierte. Platz auf dem Podium nahmen ein: Thorsten Nessel (Volt), Andrea Müller-Bohn (Grüne), Alexander Jungbluth (AfD), Thomas Barth (CDU) Christoph Merklein (Linke) und Steffen Wolf (SPD) ein.

Der Moderator ließ sie die Programminhalte zu Wirtschaft, Finanzen, Tourismus, ÖPNV und Integration in jeweils zwei Minuten darstellen: in einem Format also, das keine Diskussionen untereinander zuließ und dem Publikum eine gesittete politische Darbietung auf der Bühne darbot. Die politische Landschaft im Landkreis Mainz-Bingen zeigte sich darin in Differenzen in den Herangehensweisen. Während Barth und Wolf auf interkommunale Zusammenarbeit setzten, strebte Müller-Bohn eine Stärkung des sozialen Bereichs und der Umweltpolitik an. Die AfD setzte stark auf Einsparungen und kritisierte den Verwaltungsapparat, während Merklein den Fokus auf soziale Gerechtigkeit legte.

Die Meinungen zur Finanzlage des Landkreises gingen weit auseinander. Müller-Bohn betonte die Notwendigkeit einer vorausschauenden Finanzplanung. Sie setzte auf Strukturanalysen, Wirtschaftsförderung und Digitalisierung, um die finanzielle Lage zu stabilisieren. Jungbluth kritisierte die hohen Verwaltungsausgaben und forderte eine Prüfung der bestehenden Stellen. Er sah in der Digitalisierung eine Möglichkeit, Stellen sozialverträglich abzubauen. Barth sprach von strukturellen Haushaltsdefiziten und betonte interkommunale Zusammenarbeit als Lösung. Zudem müsse die Wirtschaftskraft durch bessere Rahmenbedingungen gestärkt werden. Merklein lehnte Einsparungen im sozialen Bereich ab und forderte mehr Investitionen in Bildung und Kultur. Wolf hielt den Landkreis für wirtschaftlich solide aufgestellt, warnte aber vor Personalkürzungen. Digitalisierung und interkommunale Zusammenarbeit seien der richtige Weg zur Haushaltskonsolidierung, sagte er.

Auch bei der Personalpolitik gab es Unterschiede zwischen den Parteien. Müller-Bohn hob den hohen Personalbedarf hervor, insbesondere in der Baugenehmigungsbehörde. Sie setzte auf betriebliche Gesundheitsförderung und flexible Arbeitszeiten, um die Attraktivität der Verwaltung zu steigern. Jungbluth forderte eine Reduzierung des Personalbestands durch Digitalisierung und kritisiert neue Stellen als überflüssig. Barth sah die Schulsozialarbeit als unverzichtbar und setztd auf nicht-monetäre Anreize wie Kantinenangebote und Homeoffice. Merklein warnte vor einer Digitalisierung, die Personalabbau nach sich zieht, und fordertd eine „menschenfreundliche Verwaltung“. Wolf hob hervor, dass gesetzliche Vorgaben zu einer hohen Personalzahl geführt hatten, forderte jedoch eine Fokussierung auf Kernaufgaben.

Das Thema Migration wurde kontrovers diskutiert. Müller-Bohn betonte das Grundrecht auf Asyl und forderte eine bessere Integration durch Sprachkurse und Arbeitsmöglichkeiten. Jungbluth plädierte für eine schnellere Rückführung von Menschen ohne Schutzstatus und eine Reduzierung der Integrationsausgaben. Barth hob die Bedeutung ehrenamtlicher Helfer hervor, warnte vor Problemen bei der Unterbringung aufgrund knappen Wohnraums. Merklein forderte verstärkte Wohnungsvermittlung und Integrationsförderung, um Radikalisierung zu vermeiden. Wolf lobte die dezentrale Unterbringung, fordert aber effizientere Asylverfahren.

Die Zukunft des ÖPNV spaltete die Kandidaten ebenso. Müller-Bohn forderte eine bessere Verteilung der Mittel, den Ausbau von Busspuren und Ladeinfrastruktur für E-Mobilität. Jungbluth kritisierte, dass der Individualverkehr benachteiligt werde, und fordert Alternativen wie Fahrgemeinschaften. Barth setzte auf Tempo-30-Zonen und eine verstärkte Nutzung interkommunaler Verkehrslösungen. Merklein forderte ein Null-Euro-Ticket für bestimmte Gruppen und die Optimierung des ÖPNV-Angebots. Wolf sah Klimaschutz als zentrale Aufgabe und forderte eine Erweiterung der Verkehrsgesellschaft sowie mehr E-Busse.