MAINZ – Erstaunlicherweise gibt es nach wie vor Unentdecktes in der Altstadt. Matthias Bender, Carmen Bauersachs und die drei Kinder bezeichnen das Gebäude, das hinter der Hausnummer 54 in der Kapuzinerstraße schlummert und laut Denkmalbeschreibung vermutlich zum Gutshof der Ritter vom Tempelorden gehört hatte, als Kleinod. „Wir haben hier ein Einzeldenkmal erworben, das aufgrund seiner versteckten und nicht einsehbaren Lage kaum jemand kennt.“
Hätten die beiden Ingenieure, die in der Immobilienbranche tätig sind, es nicht durch einen Zufall für sich entdeckt, hätte das Haus nach allem Anschein nicht mehr lange existiert. „Es wäre eingestürzt“, vermutet Carmen Bauersachs.
Sie deutet auf den herausbrechenden Abschnitt einer Hauswand unterhalb des Giebels. Unter dem Gewicht des zweistöckigen Bauwerkes, das teils gemauert, zum Großteil aber als Fachwerkhaus das Zeugnis von Jahrhunderten in sich trägt, verbirgt sich ein uralter Gewölbekeller, den eine womöglich noch geringere Zahl von Menschen je zu Gesicht bekommen hat.
Im schmalen Innenhof herrscht Anfang Januar Stille und das mitten in der Stadt. Im Frühjahr werden sich im Haus die ersten Handwerker des Innenlebens und der alten Holzkonstruktion annehmen. Bei einer Führung, die über die verwinkelten Treppen führt, zeigt das Haus sein Skelett aus Holzbalken.
Das Innenleben dürfte die Herzen der Denkmalschützer höherschlagen lassen: Ebenfalls verwinkelt, gestaffelt und voll bauarchitektonischer Überraschungen, die sich über Jahrhunderte angesammelt haben. So viele Ecken es hat, aus so vielen Bausubstanzen schient es zu bestehen. Die jüngsten Veränderungen erfuhr das Gebäude zuletzt im 19. Jahrhundert.
Die ältesten Spuren führen ins frühe Hochmittelalter. Erwartungsgemäß sei die Denkmalschutzbehörde in jeden Schritt involviert und begleite das Projekt wohlwollend, weiß die Immobiliensachverständige zu berichten. Der Erhaltungswert des Hauses für die Mainzer Stadtgeschichte liegt auf der Hand. Doch ist es Idealismus, der sie beide antreibt? Lauert nicht auf jedem Quadratmeter eine immense Arbeit und finanzielles Risiko? Bauersachs schmunzelt: „Die gestalterischen Möglichkeiten haben uns sofort angesprochen und überzeugt, uns dieses Projekts anzunehmen.“
Ohne Zweifel seien ihnen die Herausforderungen, die das Unternehmen in Gänze verlangt, bewusst. Bis 2022 wollen sie das Haus von Grund auf energetisch sanieren und dabei Smart-Home-Technik mit alter Handwerkstechnik kombinieren. Die Pläne sehen sieben 30 bis 55 Quadratmeter große Wohneinheiten für junge Leute oder Junggebliebene vorsehen.